I. Amtlicher Leitsatz

Die für den Bereich der Bühnenkünstler entwickelte Rechtsprechung zum pauschalierten Schadensersatz von bis zu sechs Monatsgagen pro Spielzeit bei einer Verletzung des Beschäftigungsanspruchs kann nicht auf den Profimannschaftssport übertragen werden.

II. Sachverhalt

Die Parteien streiten über einen Schadensersatzanspruch wegen Nichtbeschäftigung des Klägers als Eishockeyspieler. Der Kläger war bei der Beklagten als Eishockeyprofi in der DEL 2 beschäftigt. Der Kläger war Mannschaftskapitän und in der coronabedingt abgebrochenen Saison 2019/2020 einer der Topscorer.

Im Juni 2020 sprach die Beklagte eine Änderungskündigung aus, mit der sie die vertragliche Vergütung reduzierte. Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an und erhob Änderungsschutzklage. Daraufhin stellte die Beklagte ihn vom Mannschaftstraining frei. Der Kläger erstritt durch einstweilige Verfügung seine Zulassung zum Training, worauf die Beklagte ihm eine außerordentlich fristlose Kündigung aussprach. Das ArbG stellte fest, dass sowohl die Änderungskündigung als auch die außerordentliche Kündigung unwirksam waren.

Der Kläger begehrt Schadensersatz, da ihm aufgrund der unterlassenen vertragsmäßigen Beschäftigung ein Schaden in seinem beruflichen Fortkommen entstanden sei. So habe er seine beruflichen Fertigkeiten nicht weiterentwickeln können und sein Marktwert habe gelitten. Zudem habe sich die Beklagte unlauter verhalten und ihn pressewirksam an den Pranger gestellt, weil er eine coronabedingte Gehaltskündigung nicht akzeptiert hat.

Der Kläger ist der Auffassung, sein Schaden sei nach der für Bühnenkünstler entwickelten Rechtsprechung pauschal mit sechs Bruttomonatsvergütungen zu bemessen. Das ArbG hat ihm einen Schadensersatzanspruch in Höhe von zwei Bruttomonatsvergütungen zugesprochen, das LAG die dagegen gerichtete Berufung zurückgewiesen.

III. Entscheidung

Die zulässige Revision des Klägers hat keinen Erfolg, ihm stehe jedenfalls kein weiterer Schadensersatz zu.

Zunächst stellt das BAG fest, das LAG sei zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte den Beschäftigungsanspruch des Klägers durch die Suspendierung vom Mannschaftstraining verletzt habe, und habe die unterbliebene Beschäftigung richtigerweise als Maßregelung i. S. v. § 612a BGB eingeordnet, weil der Kläger sich in zulässiger Weise geweigert hatte, die Gehaltskürzung zu akzeptieren. Das BAG stellt weiter klar, dass der Anspruch auf Annahmeverzugslohn des Klägers auch nach der Rechtsprechung des BAG der Geltendmachung von neben dem Annahmeverzug stehenden, tatsächlichen weiteren Schäden nicht entgegenstehe.

Dennoch habe der Kläger keinen Anspruch auf weiteren Schadensersatz. Der Tatrichter entscheide nach § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch dieser ist. Das BAG führt weiter aus, dass Schadensersatzansprüche von Profimannschaftsportlern nicht in Anlehnung an die Rechtsprechung für Bühnenkünstler pauschalierend festzusetzen seien. Maßgeblich für diese Rechtsprechung sei, dass dem Künstler durch die versagte Beschäftigung die Möglichkeit genommen würde, seine Kunst öffentlich zu zeigen, sein Können unter Beweis zu stellen sowie seine Fähigkeiten weiterzubilden und zu erweitern. Diese besondere Situation liege nicht gleichweise bei Profimannschaftssportler vor, insbesondere hätten Profimannschaftssportler in der Regel keinen Anspruch auf einen Spieleinsatz. Der Umstand, dass auch Profimannschaftsportler vergleichbare Schwierigkeiten hätten, einen Schaden aufgrund unterbliebener Beschäftigung konkret zu beziffern, hält das BAG für nicht ausreichend.

Den Vortrag des Klägers hielt das BAG nicht für ausreichend, um einen Anspruch über den bisher zugesprochenen Schadensersatz von zwei Bruttomonatsgehältern hinaus zu erweitern.

IV. Praxishinweis

Die Entscheidung des BAG bringt Klarheit dahingehend, dass die vertragswidrige Nichtbeschäftigung von Profimannschaftsportlern nicht pauschal zu einem Schadensersatz von sechs Bruttomonatsgehältern führt. Die Entscheidung wird neben dem Eishockey auf alle Mannschaftssportarten übertragbar sein. In der Sache ist die Entscheidung durchaus fraglich: Auch wenn Profimannschaftsportler keinen Anspruch auf einen Spieleinsatz haben, haben sie jedenfalls einen Anspruch auf die Teilnahme am Mannschaftstraining, das gerade im professionellen Sport entscheidend für die Aufrechterhaltung der beruflichen Fertigkeiten und damit auch für das berufliche Fortkommen ist. Wird dieser Anspruch – zumal wie hier öffentlichkeitswirksam – in rechtswidriger Weise verletzt, bestehen bei Profimannschaftsportlern und Bühnenkünstlern durchaus vergleichbare Umstände mit Blick auf das berufliche Fortkommen als auch die Schwierigkeiten bei der Bezifferung des Schadens, die auch eine Übertragung der Rechtsprechung gerechtfertigt hätten.

 

Quelle: ArbRAktuell 2024, 245, beck-online