Sachverhalt

Die Parteien streiten um die Frage, welches Gremium für Verhandlung und Abschluss eines Sozialplans zuständig ist. Die Arbeitgeberin, die Konzernobergesellschaft, beschäftigt am Standort B 330 Arbeitnehmer; am selben Standort sind zwei weitere Konzerngesellschaften tätig. Im Konzern wurde entschieden, den Standort B aufzugeben und nach K zu verlegen, wovon circa 300 der insgesamt am Standort B in den Gesellschaften tätigen ca. 430 Arbeitnehmer betroffen sind. Der Antragsgegner ist Einzelbetriebsrat der Konzernobergesellschaft. Nach zunächst mit dem Antragsteller geführten Verhandlungen entschied die Arbeitgeberin, künftig mit dem Konzernbetriebsrat weiter zu verhandeln. Der Antragsteller rief daraufhin die Einigungsstelle zum „Abschluss eines Sozialplans wegen beabsichtigter Standortverlagerung des Betriebs von B nach K“ an. Die Parteien streiten über die Zuständigkeit der Einigungsstelle.

Entscheidung

Das ArbG gab dem Antrag statt. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wurde zurückgewiesen. Der Antragsteller als Einzelbetriebsrat (örtlicher) sei für den Abschluss des Sozialplanes nicht offensichtlich unzuständig. Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrates bestehe nach § 58 I 1 BertrVG nur für Angelegenheiten, die nicht auf den einzelnen Betrieb oder das einzelne Unternehmen beschränkt sind und deshalb die Interessen der Arbeitnehmer nicht mehr auf betrieblicher Ebene gewahrt werden können. Auch wenn die Verlegungsentscheidung mehrere Konzernunternehmen betreffe, müsse diese nicht offenkundig betriebs- oder unternehmensübergreifend geregelt werden. Dies gebiete auch nicht der Umstand, dass die Verhandlungen über den Interessenausgleich durch den Konzernbetriebsrat geführt werden. Auch wenn aufgrund einer Konzernentscheidung ein Gesamtsozialplanvolumen festgelegt sei, ändere dies nichts an der betriebsverfassungsrechtlichen Konzeption der Kostentragung durch das Unternehmen und grds. nicht durch den Konzern. Maßstab für die Einigungsstelle sei (nur) die wirtschaftliche Vertretbarkeit für das (Gesamt-)Unternehmen zu berücksichtigen und bei der Bemessung der Sozialplanleistungen den Fortbestand des Unternehmens und etwaige Gefährdungen verbleibender Arbeitsplätze mit zu beachten. Anders als etwa bei Sanierungskonzepten denkbar, bestehe keine Notwendigkeit einer betriebs- und unternehmensübergreifenden Regelung (nur) weil das Verlegungskonzept auf Grundlage eines bestimmten auf alle betroffenen Konzernunternehmen bezogenen Sozialplanvolumens realisiert werden könnte. Auch rein tatsächliche Gründe wie die Aufteilung begrenzter Parkmöglichkeiten am neuen Standort – die i. Ü. der Mitbestimmung nach § 87 I Nr. 1 BetrVG unterlägen – könnten hinsichtlich einer etwaigen Kompensation innerhalb der Unternehmen unterschiedlich geregelt werden. Auch ergäbe sich keine Notwendigkeit eines konzerneinheitlichen Sozialplans aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten. Zwar begrenze dieser die Regelungsmacht der Betriebsparteien, habe jedoch keinen Einfluss auf die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung. Die Gleichbehandlung sei in diesem Sinne „kompetenzakzessorisch“.

Praxishinweis

Die Entscheidung greift eine sehr praxisrelevante Konstellation auf. In Anbetracht der Komplexität von konzernweiten Umstrukturierungen, ist der arbeitgeberseitige Wunsch bei betriebs- und/oder unternehmensübergreifenden Betriebsänderungen mit (nur) einem Verhandlungspartner (und gerade nicht den/allen örtlichen Einzelbetriebsräten) zu verhandeln, naheliegend und häufig auch sinnvoll: „Moving Targets“, einheitliche Timeline, oft besonders starke Emotionalität vor Ort etc.- Das sieht auch das LAG Köln, das grds. bestätigt, dass ein sachgerechtes Ergebnis oftmals nur durch koordinierte Regelungen im Interessenausgleich und Sozialplan zu erreichen ist.

Maßstab für das Einigungsstellenverfahren ist jedoch die „offensichtliche Unzuständigkeit“ der Einigungsstelle. Eine offensichtliche Unzuständigkeit des örtlichen Betriebsrates für den Sozialplan wird jedoch i. d. R. nicht anzunehmen sein.

 

Quelle: (ArbRAktuell 2023, 273, beck-online)