Sachverhalt


Die Beteiligten streiten über die Sozialversicherungspflicht eines Notarztes im Rettungsdienst. Die
Klägerin, ein Krankenhaus, stellte die Notärzte für eine auf ihrem Gelände befindliche
Rettungswache, die wiederum von der Beigeladenen zu 2. betrieben und vom Landkreis
(Beigeladener zu 3.) beauftragt worden ist. Der Arzt arbeitete hauptberuflich in einem anderen
Krankenhaus, wurde aber von der Klägerin für seine Notarzteinsätze durch Zahlung eines
Stundenhonorars vergütet. Die Klägerin nahm die Auswahl der Notärzte vor, während u. a. die
konkret einsetzende Leitstelle vom Landkreis verantwortet worden ist und der Betrieb der
Rettungswache sowie die Nutzung des Arbeitsmaterials im Zuständigkeitsbereich der
Beigeladenen zu 2. stand. Die Rettungswagen gehörten dem Beilgeladenen zu 3. Im Rahmen
eines Statusfeststellungsverfahrens beschied die Beklagte, dass der Notarzt bei seinen Einsätzen
von der Klägerin abhängig beschäftigt sei. Dementgegen berief sich die Klägerin u. a. darauf, dass
die Rettungswache nicht in den Klinikbetrieb integriert sei.


Entscheidung


Anders als die Vorinstanz sah das LSG den Beklagtenbescheid als rechtmäßig an. Die Beklagte
habe gem. § 7a II SGB IV richtigerweise festgestellt, dass der Beigeladene zu 1. in seiner
Tätigkeit als Notarzt im Rettungsdienst in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem
Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig sei. Insbesondere die tatsächlichen Verhältnisse
hätten gezeigt, dass der Notarzt in einer abhängigen Beschäftigung für die Klägerin tätig war. Er
sei in den Schichtplan integriert, arbeitete mit dem Rettungspersonal zusammen, nutzte fremde
Arbeitsmittel und erhielt seine Vergütung von der Klägerin. Trotz der eigenverantwortlichen
medizinischen Tätigkeit sei er organisatorisch eingebunden und fremdbestimmt tätig geworden.
Dass die Zuständigkeit für die Rettungskette auf unterschiedliche Träger aufgeteilt war, ändere
nichts an der Eingliederung des Notarztes in den Betrieb der Klägerin. Jeder dieser Träger habe
somit zwar nur einen Teil der Gesamtverantwortung gehabt, seinen jeweiligen Aufgabenbereich
aber eigenverantwortlich ausgeübt. Die Klägerin sei dabei nach dem Rettungsdienstgesetz von 

Schleswig-Holstein (RDG) für die Auswahl und Bezahlung der Notärzte verantwortlich, sodass nur
sie gegenüber dem Notarzt als weisungsbefugte Arbeitgeberin auftreten konnte.


Praxishinweis


Auch „Kleinteiligkeit“ schließt eine Scheinselbstständigkeit im Einzelfall nicht aus: Das LSG hat zu
Recht ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis des Notarztes zu dem klagenden Krankenhaus
festgestellt, obwohl die Verantwortlichkeit in der Rettungskette auf mehrere Schultern verteilt
war. Dem konnte insbesondere auch nicht entgegengehalten werden, dass der Arzt keine
konkreten Weisungen von der Klägerin erhielt und die Arbeitseinsätze von der nicht der Klägerin
zugehörigen Leitstelle einberufen worden sind. Bei Hochspezialisten wie Ärzten ist von vornherein
davon auszugehen, dass sie ihre medizinischen Maßnahmen weisungsfrei tätigen, sodass dem
Merkmal der Weisungsgebundenheit in diesen Fällen nur eine untergeordnete Rolle bei der
Beurteilung einer abhängigen Beschäftigung spielen kann. Umso wichtiger ist daher die Frage der
tatsächlichen Eingliederung in den Arbeitgeberbetrieb, welche vorliegend nur im Verhältnis zu der
Klägerin zu bejahen war.
Die Entscheidung zeigt jedenfalls einmal mehr, dass auch bei der Beschäftigung von
spezialisierten Honorarkräften Vorsicht geboten ist. Bei der Abgrenzung zwischen selbstständiger
Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung müssen insbesondere Faktoren wie eine Eingliederung in
die Arbeitsorganisation, Weisungswege und ein etwaiges Unternehmerrisiko vorab genau unter
die Lupe genommen werden. Es empfiehlt sich eine klare Dokumentation der Arbeitsbedingungen
bereits bei der Vertragsgestaltung, schon um für eine Betriebsprüfung durch die Deutsche
Rentenversicherung nach § 28p SGB IV gewappnet zu sein.


© Verlag C.H.BECK oHG 2024