Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz regelt, wie lange ein Zeitarbeitsunternehmen einen Leiharbeitnehmer höchstens verleihen darf. Doch wie ist die Höchstdauer zu berechnen, wenn der Entleiherbetrieb verkauft wurde? Das BAG bittet den EuGH um Klärung.
Eine Unternehmensgruppe, die u.a. Sanitärarmaturen herstellt, hatte einen eigenen Logistikbetrieb, in dem die Produkte verpackt, gelagert und für den Transport vorbereitet werden. Dieser wurde im Juli 2018 verkauft. Ein Leiharbeitnehmer, der von Juni 2017 bis zum April 2022 in dem Logistikbereich tätig war, klagte sich durch die Arbeitsgerichtsinstanzen. Er verlangt eine Festeinstellung wegen Überschreitens der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer. Sein Argument: Das Produktionsunternehmen als Betriebsveräußerer und die Betriebserwerberin seien im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes als derselbe Entleiher anzusehen. Seine Beschäftigung habe daher die gesetzliche Überlassungshöchstdauer überschritten und es sei gemäß § 10 Abs. 1 AÜG ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen.
Das Unternehmen meint, bei einem Firmenverkauf beginne die Überlassungshöchstdauer neu zu laufen. Das gelte auch dann, wenn der Leiharbeitnehmer nach dem Übergang des Betriebs unverändert auf demselben Arbeitsplatz eingesetzt werde. Zudem sei die zulässige Überlassungshöchstdauer aufgrund eines Tarifvertrags durch Betriebsvereinbarungen auf zuletzt 48 Monate verlängert worden. Das LAG Hamm hatte festgestellt, dass zwischen den Parteien seit Juni 2021 ein Arbeitsverhältnis bestehe (Urteil vom 18.10.2023 - 10 Sa 35/23). Dagegen legten beide Parteien Revision ein. Das BAG setzte das Verfahren (sowie ein Parallelverfahren - 9 AZR 263/23) nun bis zu einer Entscheidung des EuGH aus (Beschluss vom 01.10.2024 - 9 AZR 264/23).
Ein entleihendes Unternehmen?
Es will wissen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen bei der Berechnung der Überlassungsdauer im Fall eines Betriebsübergangs Veräußerer und Erwerber als ein "entleihendes Unternehmen" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. d der Leiharbeits-Richtlinie (RL 2008/104/EG) anzusehen sind. Davon hänge es ab, ob das Arbeitsverhältnis mit der Erwerberin des Logistikbetriebes 18 Monate nach der Überlassung des Arbeitnehmers zum 16. Dezember 2018 oder erst 18 Monate nach dem Betriebsteilübergang zum 1. Januar 2020 zustande gekommen ist.
Auf die abweichend vom Gesetz nach dem Tarifvertrag Leih-/Zeitarbeit für die Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens zulässige Höchstüberlassungsdauer von 48 Monaten habe sich die Betriebserwerberin nicht berufen können, so das BAG weiter. Sie unterhalte keinen Hilfs- oder Nebenbetrieb, der dem Geltungsbereich dieses Tarifvertrags unterliegt. Die dort anfallenden Logistiktätigkeiten seien nicht Teil des Fertigungsprozesses.
Quelle beck-online