I. Einleitung

Jeder Betriebsrat benötigt Büroräume, in denen er seinem Amt nachgehen kann. In solchen Räumen ist es ihm u.a. möglich, seine Schreib- und sonstige Verwaltungsarbeiten zu erledigen, vertrauliche Gespräche zu führen oder Unterlagen zu verwahren. Insoweit bildet ein BR-Büro das Fundament für eine ordnungsgemäße Betriebsratsarbeit. Deshalb kann der Betriebsrat von seinem Arbeitgeber nach § 40 II BetrVG verlangen, dass er ihm zur Erfüllung seiner Aufgaben Räume im erforderlichen Umfang zur Verfügung stellt. Die kategorische Ablehnung der Überlassung von Räumlichkeiten stellt eine Behinderung der BR-Arbeit nach § 78 S. 1 BetrVG dar.

Zwar zeigt die Praxis, dass selbst die Arbeitgeber die Erforderlichkeit eines Raumes zur Erledigung von BR-Aufgaben nicht anzweifeln. Es entsteht jedoch immer wieder Streit, in welchem Umfang die Nutzung von Büro- oder anderweitiger Räume erforderlich ist und wie die zu überlassenen Räume beschaffen sein müssen. Ab und an behaupten Arbeitgeber, keine Büroräume für den Betriebsrat zur Verfügung stellen zu können und verweisen bspw. auf die Nutzung von Sozialräumen, Kantinen, Containern oder außerhalb des Betriebsgeländes liegende Räume. In angespannten Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat kommt es sogar vor, dass der Arbeitgeber zur Räumung des BR-Büro auffordert und ihm kein adäquates Büro anbietet. Darüber hinaus stellt sich oft die Frage, ob der Arbeitgeber mit den zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten auch tatsächlich seine Pflichten aus § 40 II BetrVG hinreichend erfüllt. Insoweit stellt sich die Frage, was ein Betriebsrat in solchen Konstellationen unternehmen kann.

 

II. Wofür braucht ein BR eigentlich Räume

Wie bei allen kostenauslösenden Maßnahmen kann der Betriebsrat gemäß § 40 II BetrVG von seinem Arbeitgeber nur das fordern, was für die ordnungsgemäße Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist. Das Gesetz legt dabei selbst fest, für welche Aufgaben die Überlassung der Räumlichkeiten erforderlich sein kann. Demgemäß sollen in den Räumen Sitzungen, Sprechstunden und laufende Geschäftsführung stattfinden.

Geschäftsführung des Betriebsrats

Bei den laufenden Geschäften des Betriebsrats handelt es sich regelmäßig um interne, verwaltungsmäßige, organisatorische und gegebenenfalls wiederkehrende Aufgaben, wie etwa die Erledigung des Schriftverkehrs, Entgegennahme von Anträgen von Arbeitnehmern, die Einholung von Auskünften, die Vorbereitung von Betriebsratssitzungen sowie von Betriebs-, Teil- und Abteilungsversammlungen.[1] Da es sich hierbei um typische Bürotätigkeiten handelt, kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber zur Wahrnehmung der laufenden Geschäfte die Überlassung eines Büroraumes mit entsprechender Ausstattung verlangen.

Sprechstunden

Gemäß § 39 BetrVG kann jeder Betriebsrat Sprechstunden einrichten, in denen die Arbeitnehmer während der Arbeitszeit ihre Beschwerden, Wünsche oder Anregungen gegenüber dem Betriebsrat vorbringen und seinen (auch rechtlichen) Rat einholen können. Die Entscheidung über die Einrichtung einer Sprechstunde entscheidet ausschließlich der Betriebsrat. Für die Festlegung von Zeit und Ort der Sprechstunde bedarf es dagegen einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Kommt diese nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle. Sofern sich der Betriebsrat also mit dem Arbeitgeber nicht über einen Raum verständigt, in dem die Sprechstunden stattfinden sollen, kann er die Einigungsstelle anrufen.[2]

Sitzungen des Betriebsrats

Unter Sitzungen sind die BR-Sitzungen sowie die Sitzungen der Ausschüsse i. S. d. §§ 27, 28 und 28a BetrVG zu verstehen. Daneben muss der Arbeitgeber einen Raum für die Besprechungen mit externen Personen, wie Behördenvertreter, Beauftragte der Gewerkschaft oder Rechtsberater, zur Verfügung stellen, soweit der Gegenstand der Besprechung im Zusammenhang mit BR-Aufgaben steht.

Zunächst benötigt der Betriebsrat für seine turnusmäßigen Sitzungen einen Raum. Die Anzahl der Sitzungen hängt dabei ausschließlich vom Arbeitsanfall des Betriebsrates oder dessen Ausschüsse ab. Bei Erforderlichkeit können jederzeit auch außerplanmäßige Sitzungen einberufen werden. Außerplanmäßige Sitzungen sind u.a. dann erforderlich, wenn Beschluss und Mitteilung ggü. dem Arbeitgeber an eine Frist gebunden sind, wie bspw. nach § 99 III BetrVG oder § 102 II BetrVG. Die Sitzungen und Besprechungen können im BR-Büro selbst stattfinden. Sollte das BR-Büro für die Abhaltung nicht geeignet sein, muss der Arbeitgeber ein adäquates Sitzungszimmer zur Verfügung stellen.[3]

Anzahl der Räume und erforderliches Mobiliar

Die Anzahl der zur Verfügung zu stellenden Büroarbeitsplätze sowie das erforderliche Mobiliar richten sich nach den Geschäftsbedürfnissen des Betriebsrats, die ihrerseits wieder von Art, Größe und Umfang des Betriebs abhängen.[4]

Jeder Betriebsarbeit benötigt für seine laufende Geschäftsführung jedoch mindestens einen Schreibtisch, Schreibstuhl, Telefonanschluss, PC und Internetzugriff. Für die ordnungsgemäße Verwahrung seiner Unterlagen muss der Arbeitgeber außerdem einen verschließbaren Schrank zur Verfügung stellen.

Die Räumlichkeiten müssen die Gewähr dafür bieten, dass die Betriebsmitglieder die Betriebsratssitzungen und Besprechungen durchführen, Sprechstunden abhalten, Schreibarbeiten ausführen sowie sich dorthin zur Lektüre zurückziehen können.

So kann bspw. ein 13-köpfiges BR-Gremium mit 3 freigestellten BR-Mitgliedern ein Büroraum mit drei Arbeitsplätze, ein Besprechungszimmer sowie einen Raum für die BR-Sitzungen mit entsprechender Anzahl von Stühle für die BR-Mitglieder, die JAV-Mitglieder, Schwerbehindertenvertretung, den teilnahmeberechtigten Gewerkschaftsvertreter, Sachverständige des Betriebsrats sowie den Vertretern des Arbeitgebers verlangen.[5]

Darüber hinaus müssen die zur Verfügung gestellten Arbeitsplätze samt dem Mobiliar dem vergleichbaren betrieblichen Standard entsprechen. Dies bezieht sich insbesondere auf die Qualität des Mobiliars.

Wann kann ein Betriebsrat ein Büroraum und Sitzungsraum zur dauerhaften Nutzung verlangen

In sämtlichen kostenauslösenden Maßnahmen i. S. d. § 40 BetrVG muss der Betriebsrat die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und die berechtigten Interessen des Arbeitgebers gegeneinander abwiegen.[6] Dementsprechend hängt es  insbesondere von dem Arbeitsanfall im Gremium, der Größe des Betriebs und den Besonderheiten des Einzelfalls ab, ob dem Betriebsrat Büroräume zur dauerhaften Nutzung überlassen werden müssen.[7]

Sofern ein Gremium nach § 38 BetrVG freigestellt BR-Mitglieder hat, dürfte hier mindestens ein Büroraum mit entsprechender Anzahl von Arbeitsplätzen zur dauerhaften Nutzung unproblematisch erforderlich sein. Schließlich geht der Gesetzgeber selbst davon aus, dass ein derartiger Arbeitsanfall besteht, der eine komplette Freistellung rechtfertigt.

In einem Betrieb ohne freigestellte BR-Mitglieder kommt es auf die betrieblichen Besonderheiten an. Anerkannt ist in der Rechtsprechung eine dauerhafte Überlassung in Fällen, in denen nur die Zuweisung eines Raums zur alleinigen Nutzung sicherstellen kann, dass der Betriebsrat jeder Zeit zusammenkommen und bei seiner Zusammenkunft auf die für die Betriebsratstätigkeit notwendigen Unterlagen zugreifen kann.[8]

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Was muss beachtet werden, wenn nur eine zeitliche Überlassung erforderlich ist

Unabhängig davon, ob der Raum dem Betriebsrat zur alleinigen oder nur zur zeitweiligen Nutzung überlassen wird, muss er verschließbar sein.[9] Nur so ist gewährleistet, dass die Betriebsratsmitglieder ihn während der Nutzung verlassen können (Pause, Toilettengang usw.), ohne sämtliche Unterlagen vorher zu verschließen. Außerdem kann nur auf diese Weise wirksam Störungen durch Dritte vorgebeugt werden, insbesondere dann, wenn der Betriebsrat nicht alleiniger Nutzer des Raums ist.[10]

Des Weiteren muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass dem Betriebsrat für die außerplanmäßigen Sitzungen und Besprechungen stets geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung stehen. Es wäre gesetzeswidrig, wenn die Büro- und Sitzungsräume nur in festgelegten Zeiten ohne Raum für außerplanmäßigen Gebrauch in eilbedürftigen Situationen zur Verfügung stünden.[11]

III. Beschaffenheit der Räume

Damit der Betriebsrat seine benannten Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen kann, müssen Büro und Sitzungszimmer mit funktionsgerechter Ausstattung ausgestattet sein und eine ordnungsgemäße Beschaffenheit aufweisen.

Standards nach ArbStättVO

Dementsprechend müssen die Büroräume und Sitzungszimmer die Anforderungen aus der Arbeitsstättenverordnung einhalten.[12] § 3a I ArbStättVO verpflichtet dabei den Arbeitgeber, seine Arbeitsstätte so einzurichten und zu betreiben, dass von ihnen keine Gefährdungen für Sicherheit und Gesundheit seiner Beschäftigten ausgehen dürfen. Zur Konkretisierung dieser sehr offenen Pflicht existieren Regelungen aus der ArbStättVO, insbesondere § 3a II ArbStättVO, dem Anhang zu § 3a ArbStättVO sowie den technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR). Der Betriebsrat kann somit anhand einer durchgeführten oder noch durchzuführenden – mitbestimmungspflichtigen - Gefährdungsbeurteilung ermitteln, ob die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Büroräume und Sitzungszimmer, die Anforderungen aus der ArbStättVO einhalten. [13]

Akustik und Einblick in die Räume

Die Betriebsratsarbeit ist von Diskretion und Vertraulichkeit geprägt. So sind die Betriebsmitglieder u.a. nach §§ 79, 82 II 3, 99 I 3, 102 I 5 BetrVG gesetzlich verpflichtet, über bestimmte erhaltene Informationen Stillschweigen zu bewahren. Andererseits kann der Betriebsrat verlangen, dass seine Gespräche mit Arbeitnehmer und externen Personen in einer vertraulichen Atmosphäre erfolgen und von keiner außenstehenden Person abgehört werden. Dementsprechend kann der Betriebsrat nach § 40 II BetrVG verlangen, dass die überlassenen Räume optisch und akustisch zumindest soweit abgeschirmt sind, dass ihn Zufallszeugen von außen nicht einsehen oder abhören können.[14]

Raumgröße

Die Räume müssen weiterhin eine ausreichende Größe haben. Dies richtet sich danach, von wie vielen Personen sie gleichzeitig genutzt werden sollen und welche Einrichtungsgegenstände in ihnen untergebracht werden.[15] Auf dieser Grundlage wurden in der Rspr. unterschiedliche Maßstäbe für die angemessene Raumgröße angesetzt.[16] Richtigerweise ergeben sich die erforderlichen Mindestgrößen aus § 3 a I ArbStättVO in Verbindung mit der ASR A 1.2.[17] Die ASR A1.2 konkretisiert die Anforderungen der ArbStättVO und legt somit fest, welche Grundfläche  ein Bildschirm- und Büroarbeitsplatz pro Person aufweisen soll.[18] Betriebsräte können somit anhand der ASR A1.2 die angemessene Raumgröße ermitteln. Der Arbeitgeber ist aber nicht verpflichtet, seine Büroräume anhand der ASR festzulegen, da es sich hierbei nicht um gesetzlich verbindliche Standards handelt. Die sich aus der ASR A1.2 ergebenen messbaren Anforderungen bieten aber eine Gewähr dafür, dass bei deren Einhaltung die Anforderungen aus der ArbStättVO eingehalten sind. Möchte der Arbeitgeber dem Betriebsrat also Büroräume überlassen, die nicht der Grundfläche aus der ASR A1.2 entsprechen, muss er darlegen, dass die Anforderungen aus der ArbStättVO trotzdem eingehalten werden. Des Weiteren unterliegt die Entscheidung darüber, ob die Standards aus der ASR 1.2 oder andere Lösungsmöglichkeiten zur Anwendung kommen sollen, nach § 87 I Nr. 7 BetrVG dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats.[19]  

 


[1] BAG v. 15. 8. 2012 – 7 ABR 16/11

[2] Vgl. Fitting, § 39 Rn. 13, 14.

[3] Fitting § 40 Rn. 108.

[4] Fitting, § 40 Rn. 109

[5] LAG Schleswig-Holstein v. 31.5.2017 – 1 TaBV 48/16

[6] Vgl. BAG v. 20. 1. 2010 - 7 ABR 79/08

[7] LAG Köln v. 23.1.2013 - 5 TaBV 7/12

[8] LAG Köln v. 23.1.2013 - 5 TaBV 7/12; ArbG Frankfurt a.M. v. 17. 2. 1999 - 2 BV 454/98

[9] LAG Köln v. 19.1.2001 – 11 TaBV 75/00

[10] LAG Schleswig-Holstein v. 19. 9. 2007 - 6 TaBV 14/07

[11] Vgl. LAG München v. 8.7.2005 – 3 TaBV 79/03

[12] LAG Schleswig-Holstein v. 31.5.2017 – 1 TaBV 48/16

[13] Als Hilfsmittel für den Betriebsrat wird die DGUV-Regel 115-401 (Branche Bürobetriebe) empfohlen; https://publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/115-401.pdf

[14] LAG Köln v. 19.1.2001 – 11 TaBV 75/00

[15] LAG Schleswig-Holstein v. 19. 9. 2007 - 6 TaBV 14/07

[16] In der Entscheidung des LAG München v. 8.7.2005 – 3 TaBV 79/03 wurde einem 3-köpfigen Betriebsrat ein Anspruch auf einen Büroraum mit einer Grundfläche von mindestens 9m² zugebilligt; Für einen fünfköpfigen Betriebsrat erachtete das LAG Schleswig-Holstein(Beschluss v. 19. 9. 2007 - 6 TaBV 14/07) eine Grundfläche von mindestens 20 qm als notwendig.

[17] LAG Schleswig-Holstein v. 31.5.2017 – 1 TaBV 48/16.

[18] ASR A1.2 Raumbemessungen und Bewegungsflächen; https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/ASR/pdf/ASR-A1-2.pdf?__blob=publicationFile

[19] Vgl. HK-ArbSchR/Faber/Feldhoff, ArbStättV Rn. 53.