Ein im Bereich Logistik/Patiententransport einer Werkfeuerwehr beschäftigter Arbeitnehmer hatte in Uniform über den Lautsprecher eines Feuerwehrwagens eine fingierte Traueransprache auf den Tod eines Kollegen gehalten. Ein anderer Kollege hatte die Szene gefilmt. Das Video stellte der Arbeitnehmer in eine WhatsApp-Gruppe, in der auch der Betroffene Mitglied war, für den die Aktion ein Scherz war. Nachdem die Geschäftsführerin von dem Vorfall Kenntnis erlangt hatte, hörte sie zunächst den Arbeitnehmer und drei Tage später den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung an. Der Betriebsrat widersprach der Kündigung. Der Arbeitgeber kündigte dennoch. Im Kündigungsschutzprozess brachte er zusätzlich vor, der Arbeitnehmer habe für die Videoaufnahme Fahrzeuge umgeparkt und die Einsatzbereitschaft gefährdet.
Das sagt das Gericht
Das Gericht gab der Kündigungsschutzklage statt. Die Kündigung sei unwirksam. Zwar habe ein Pflichtverstoß vorgelegen. Dieser rechtfertige jedoch keine fristlose Kündigung. Das Umparken der Fahrzeuge stelle einen eigenständigen Pflichtverstoß dar. Selbst wenn dem Betriebsrat diese Tatsache bekannt gewesen sei, hätte der Arbeitgeber dem Gremium im Zuge des Anhörungsverfahrens ausdrücklich mitteilen müssen, dass die Kündigung auch auf diesen Sachverhalt gestützt werde. Da dies unterblieben sei, habe das Argument im Prozess nicht nachgeschoben werden dürfen. Der Betriebsrat müsse über sämtliche Kündigungsgründe eindeutig informiert werden.
LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 19.08.2025, Az.: 1 Sa 104/25
Das bedeutet für Sie
Prüfen Sie im Rahmen der Anhörung nach § 102 BetrVG sorgfältig, auf welchen Sachverhalt der Arbeitgeber die Kündigung stützt. Er kann Pflichtverletzungen, über die er Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen nicht informiert hat, in der Folge nicht in den Prozess einführen. Eine ordnungsgemäße Anhörung setzt voraus, dass der Arbeitgeber den Betriebsrat umfassend über die Kündigungsgründe informiert. Nur so kann das Gremium seine Rechte wahrnehmen. Eine unvollständige Anhörung hat die Unwirksamkeit der Kündigung zur Folge.