Erkrankt der Arbeitnehmer in einem Zeitraum, für den – wirksam – Kurzarbeit „null“ eingeführt worden ist, sind die ausgefallenen Arbeitstage bei der Berechnung des Urlaubsumfangs nicht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzusetzen. (amtl. Leitsatz)
Sachverhalt
Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung aus dem Jahr 2020, und in diesem Zusammenhang insbesondere über die Urlaubsberechnung bei zeitlicher Überschneidung von Krankheit und Kurzarbeit „null“. Der Jahresurlaub des Klägers betrug 29 Arbeitstage in einer Fünftagewoche. Am 23.3.2020 trafen die Parteien eine Vereinbarung über Kurzarbeit, wonach das Arbeitsverhältnis im Zeitraum 1.4.2020 bis 31.12.2020 in Kurzarbeit, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von null Wochenstunden fortgesetzt wurde. Der Kläger war bereits vor Abschluss der Kurzarbeitsvereinbarung arbeitsunfähig erkrankt, und blieb dies auch durchgehend bis zum 31.12.2020. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31.1.2021 machte der Kläger die Abgeltung von 15 Arbeitstagen gesetzlichen Mindesturlaubs für den Zeitraum 1.4.2020 bis 31.12.2020 geltend. Ungeachtet der praktizierten Kurzarbeit seien die Zeiten seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bei der Berechnung des Urlaubs wie solche mit tatsächlicher Arbeitsleistung zu behandeln. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass die vereinbarte Kurzarbeit „null“ unabhängig von der Arbeitsunfähigkeit des Klägers zu einer Minderung seines gesetzlichen Jahresurlaubs führe.
Entscheidung
Die Vorinstanzen hatten die Klage jeweils ab- bzw. die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Das BAG wies die Revision ebenfalls als unbegründet zurück. Dem Kläger habe für das Kalenderjahr 2020 kein gesetzlicher Urlaubsanspruch zugestanden, der fünf Arbeitstage überstiegen habe. Diese fünf Arbeitstage seien bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in natura gewährt worden. § 3 I BUrlG bestimme die Zahl der Urlaubstage ausgehend vom Erholungszweck des gesetzlichen Mindesturlaubs in Abhängigkeit von der Anzahl der Tage mit Arbeitspflicht. Trete, z. B. infolge einer wirksam eingeführten Kurzarbeit „null“, eine Änderung der Arbeitstage mit Arbeitspflicht ein, sei der gesetzliche Urlaubsanspruch entsprechend neu zu berechnen. Bei unionsrechtskonformem Verständnis seien auch krankheitsbedingte Ausfallzeiten bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs nur dann wie Zeiten mit geleisteter Arbeit zu behandeln, wenn die Erkrankung kausal für den Wegfall der Arbeitspflicht war. Ursache für den Arbeitsausfall sei aber die vereinbarte Kurzarbeit gewesen, mit der einem vorübergehenden Arbeitsausfall begegnet worden sei, und nicht die Krankheit. Würde man dem arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer einen Urlaubsanspruch auf Grundlage seiner „regulären“ Arbeitszeit, unter Außerachtlassung der vereinbarten Kurzarbeit „null“, einräumen, würde man diesen besser stellen, als wenn er in dem betreffenden Zeitraum arbeitsfähig gewesen wäre. An dieser Beurteilung ändere auch der Umstand nichts, dass der Kläger schon vor Beginn der Kurzarbeit arbeitsunfähig gewesen sei. Dementsprechend habe dessen Urlaubsanspruch für 2020 fünf Arbeitstage betragen (20 Tage Jahresurlaub x 65 Tage mit Arbeitspflicht von Januar bis März 2020 ./. 260 Tage mit Arbeitspflicht im Jahr).
Praxishinweis
Dieses Urteil, welches im Einklang mit der BAG-Rechtsprechung aus dem Jahre 2021 steht (BAG ArbRAktuell 2022, 12 m. Anm. Fuhlrott), ist nachvollziehbar und zutreffend. Dass der gesetzliche Urlaubsanspruch neu zu berechnen ist, wenn unterjährig eine Änderung der Arbeitstage mit Arbeitspflicht eintritt, ist allgemein anerkannt. Dies gilt auch für Fälle, in denen für einen bestimmten Zeitraum Kurzarbeit „null“ wirksam vereinbart wurde. Wird ein Arbeitnehmer in diesem Zeitraum, in dem für ihn aufgrund der Kurzarbeitsvereinbarung keine Arbeitspflicht besteht, arbeitsunfähig, war die Krankheit nicht ursächlich für den Arbeitsausfall. Dass demgemäß ein solcher Arbeitnehmer nicht bessergestellt werden darf als Arbeitnehmer, die in diesem Zeitraum arbeitsfähig waren, ist zutreffend und entspricht auch unionsrechtlichen Vorgaben