Tatbestand:
1Die Parteien streiten über Rückzahlungsansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aufgrund behaupteter Begünstigung i. S. d. § 78 Satz 2 BetrVG.
2Die Klägerin ist ein Verkehrsunternehmen mit Sitz in H., welches dem S. angehört und fast alle Stadtbahn-, Straßenbahn- und Buslinien des öffentlichen Personennahverkehrs in den Städten H. und Q. sowie in weiten Teilen des B. betreibt. Sie ist Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbandes Nordrhein-Westfalen (KAV NW) und wendet in ihrem Unternehmen den „Spartentarifvertrag Nahverkehrsbetriebe“ (TV-N NW) an.
3Der Beklagte ist seit dem 03.06.1985 für die Klägerin tätig. Seit März 2006 ist er Mitglied im Betriebsrat. Zudem ist er Mitglied im Aufsichtsrat der Klägerin. Er wurde als Straßenbahnfahrer eingestellt, durchlief im Frühjahr 2006 bereits eine Ausbildung zum Betriebshofassistenten-Springer und wurde anschließend entsprechend eingesetzt. Eingruppiert war er damals in die Entgeltgruppe 6 TV-N NW. Im Sommer 2007 wechselte der Beklagte nach einem im April 2007 erlittenen Herzinfarkt, der eine Tätigkeit in Wechselschicht nicht mehr zuließ, auf die Position eines Sachbearbeiters im Bereich Fahrausweisprüfung, die er bis heute neben seiner Betriebsratstätigkeit, für die er zu 50% seiner beruflichen Tätigkeit freigestellt ist, ausübt. Ab März 2008 wurde er in die Entgeltgruppe 7 TV-N NW höhergruppiert.
4Im September 2010 bewarb sich der Beklagte erfolglos auf die Position des Sachgebietsleiters Fahrausweisprüfung. Bei der Klägerin gibt es insgesamt ca. 1.700 Fahrer, von denen einige in der Sachbearbeitung tätig werden. Die Zahl der Fahrer, die Sachgebietsleiter Fahrausweisprüfung werden, liegt deutlich unter 50%. Der Bewerber und Kollege, der damals im Rahmen dieser Stellenausschreibung den Vorzug erhielt, hatte nach Einschätzung des damaligen Personalleiters „aufgrund seiner Persönlichkeit und seiner Erfahrung aus dem Kreise der Bewerber den geeignetsten Eindruck hinterlassen“, wie er dem Betriebsrat im Rahmen der Mitbestimmung mitteilte (Bl. 90 d. A.). Im Bereich Fahrausweisprüfung war dieser Kollege zuvor nicht tätig gewesen. Die Aufgaben wurden ihm nach einiger Zeit entzogen, weil er sich auf der Position nicht bewährt hatte.
5Der Beklagte forderte die Klägerin im Sommer 2011 zur Überprüfung seines Arbeitsentgelts auf. Dies nahm die Klägerin zum Anlass, den Beklagten mit Wirkung zum 01.07.2011 in die Entgeltgruppe 9 TV-N NW und sechs Monate später in die Entgeltgruppe 10 TV-N NW einzugruppieren. In dem entsprechenden Informationsschreiben (Bl. 91 d. A.) wurde auf § 37 BetrVG Bezug genommen, wonach das Entgelt eines Betriebsratsmitglieds „nicht niedriger bemessen [sein dürfe] als das Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer mit betriebsüblicher Entwicklung.“ Eine Überprüfung habe ergeben, dass „ohne Ausübung [der] Funktion als Betriebsratsmitglied eine berufliche Entwicklung zu der Tätigkeit als Sachgebietsleiter Fahrausweisprüfung […] möglich gewesen wäre“. Die Klägerin ließ die Höhergruppierung des Beklagten im Nachgang anwaltlich überprüfen. Auf das Gutachten der Anwaltskanzlei vom 22.03.2012 (Bl. 277 ff. d. A.) wird vollumfänglich Bezug genommen.
6Im Februar 2012 nahm der Beklagte an einem Bewerbungsverfahren für die Stelle als Leiter des Betriebshofs R. teil, die damals mit Entgeltgruppe 11 TV-N NW bewertet war und heute mit Entgeltgruppe 12 TV-N NW bewertet ist. Insgesamt gibt es bei der Klägerin nur fünf Betriebshofleiterpositionen. Laut Stellenausschreibung (Bl. 592 ff. d. A.) gehörte zum Anforderungsprofil die „Ausbildung zum Betriebshofassistenten/-in für das Betriebshofbüro […] oder gleichwertige Qualifikation“. In einem internen Schreiben des damaligen Abteilungsleiters an die Personalabteilung (Bl. 261 ff. d. A.) schlug dieser nach Sichtung der Bewerbungsunterlagen vor, dem Beklagten sofort eine Absage zu erteilen, da er über die Qualifikation einer Ausbildung zum Betriebshof-Assistenten im Betriebshof-Büro nicht verfüge. Der Beklagte nahm gleichwohl an dem weiteren Bewerbungsverfahren teil. Hierzu gehörten die Teilnahme an einem von einem Dienstleister durchgeführten Assessment-Center und ein Bewerbungsgespräch. In diesem Gespräch lautete eine der an den Beklagten gerichteten Fragen, ob er im Falle einer erfolgreichen Bewerbung sein Betriebsratsamt aufgeben würde. Das Bewerbungsverfahren endete mit einer Absage an den Beklagten. Die dokumentierte Auswahlentscheidung erfolgte auf Grundlage eines Punktesystems. Der erfolgreiche Bewerber erzielte 100 von 100 möglichen Punkte, der Beklagte 70 Punkte, da die Bewertung bei den Bemessungskriterien fachliche Qualifikation, soziale Kompetenz/Assessment-Center und Eindruck aus dem Bewerbungsgespräch jeweils zehn Punkte hinter der zu vergebenden Höchstpunktzahl zurückblieb.
7Im Juni 2015 stellte der Beklagte einen weiteren Antrag auf Höhergruppierung (Bl. 624 d. A.) und begründete diesen mit seiner Bewerbung im Jahre 2012. In dem Schreiben heißt es u. a. wie folgt: „In einem danach geführten Gespräch mit den Herren I., N. und C. habe ich die Frage von Herrn N., ob ich bereit wäre, die Betriebsratstätigkeit aufzugeben, verneint. Allein aufgrund meiner Ablehnung bin ich dann als einziger der in der Endausscheidung befindlichen Bewerber nicht berücksichtigt worden […]“. Nach mehreren Treffen zwischen Vertretern der Klägerin und dem Beklagten am 21.09.2015, am 14.10.2015 und am 18.12.2015 sowie einer Stellungnahme des damaligen Abteilungsleiters vom 12.04.2016 (Bl. 92 d. A.), dass das Betriebsratsmandat nicht in die Entscheidung einbezogen wurde, wurde der Antrag des Beklagten mit Schreiben vom 21.04.2016 (Bl. 93 ff. d. A.) zunächst abgelehnt.
8Nach einem Wechsel auf der Position des Bereichsleiters Personal wurde von diesem eine erneute Bewertung eines möglichen Prozessrisikos der Klägerin vorgenommen und die Höhergruppierung des Beklagten empfohlen (Bl. 95 d. A.). Es folgte ein Gespräch zwischen den Parteien unter Beteiligung der Anwälte der Klägerin im Februar 2017, in dem die Absprache getroffen wurde, die beiden damaligen Entscheidungsträger noch einmal zu befragen. Einer von ihnen fertigte am 21.03.2017 (Bl. 274 d. A.) eine Aktennotiz, in der bestätigt wurde, dass der Beklagte im Bewerbungsgespräch gefragt wurde, ob er „bei Übernahme der Funktion als Betriebshofleiter beabsichtige, seine Funktion als Betriebsrat aufzugeben.“ Eine „bewusste Entscheidung“, den Beklagten wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht zu berücksichtigen, sei ihm nicht erinnerlich. Dass dies unbewusst eine Rolle gespielt habe, könne er hingegen nicht vollständig ausschließen. Die Entscheidung für andere Bewerber sei auf Grundlage der Gesamtheit der vorliegenden Informationen aus Bewerbungsunterlagen, Assessment-Center und Vorstellungsgespräch getroffen worden. Am 23.03.2017 trafen sich die Parteien erneut. Mit Wirkung zum 01.07.2017 kam die Klägerin dem Antrag des Beklagten nach und gruppierte den Beklagten ab dem 01.07.2017 in die EG 11 TV-N NW ein. Aufgrund einer Neubewertung der Position Betriebshofleiter R. erfolgte ab dem 01.08.2019 eine Eingruppierung des Beklagten in die EG 12 TV-N NW. In einem anwaltlichen Gutachten zu der Eingruppierung in die EG 11/12 TV-N NW vom 07.06.2019 (Bl. 313 ff. d. A.), auf das vollumfänglich Bezug genommen wird, heißt es auszugsweise wie folgt:
„II. Ergebnisse
Herr NJ. sollte nach den uns derzeit vorliegenden Informationen in die Entgeltgruppe 12 TV-N NW höhergruppiert werden. […]
b) Anspruch des Herrn NJ.
Nach den uns vorliegenden Informationen wäre Herr NJ. – ohne seine Betriebsratstätigkeit – im Jahr 2012 tatsächlich zum Betriebshofleiter in R. befördert worden.
Einziger Grund für den Ausschluss aus dem Bewerbungsverfahren war seinerzeit die Tatsache, dass er sein Betriebsratsamt weiterhin ausüben wollte, was zeitlich mit der Übernahme der Beförderungsposition kollidiert hätte. Anstatt dessen erhielt Herr ZG. die Stelle, der am 01. März 2019 im Zuge der Neubewertung der Position des Betriebshofleiters in R. in die Entgeltgruppe 12 TV-N NW eingruppiert wurde. Wäre Herr NJ. im Jahr 2012 Betriebshofleiter in R. geworden, so würde er nun auch von der Neubewertung der Stelle profitieren. Auf Grundlage der uns vorliegenden Informationen besteht daher ein gebundener Anspruch von Herrn NJ. auf eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 12 TV-N NW gemäß S. 78 S. 2 BetrVG.
Anmerkung: Sollten zwischenzeitlich (neue) Erkenntnisse vorliegen, die darauf schließen lassen, dass Herr NJ. im Jahr 2012 nicht wegen seiner Betriebsratstätigkeit im Auswahlprozess für die Position des Betriebshofleiters in R. benachteiligt wurde und vielmehr ausschließlich sachliche Gründe (fachliche Qualifikationen etc.) für die Berücksichtigung von Herrn ZG. gesprochen haben, wäre sowohl eine Eingruppierung in die Entgeltgruppe 11 (seit 2017) wie auch in die Entgeltgruppe 12 des TV-N NW rechtlich nicht haltbar. Herr NJ. müsste dann in die Entgeltgruppe 10 zurückgruppiert werden.“
9Am 23.12.2022 schlossen die Parteien einen Altersteilzeitvertrag (Bl. 320 ff. d. A.). Dieser sah, beginnend zum 31.12.2022, eine Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 19,5 Stunden im Blockmodell vor. Die Aktivphase endet zum 14.02.2026, das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2029. Diese Vereinbarung kam zustande, nachdem die Klägerin eine Telefonaktion zum Jahresende angekündigt hatte, bei der die ersten Anrufer das Recht erhielten, eine Altersteilzeitvereinbarung abzuschließen. Das Angebot war hinsichtlich der Personenanzahl limitiert. Aufgrund dessen wandte sich der Beklagte proaktiv an den damaligen Bereichsleiter Personal. Im Rahmen der Verhandlungen zur Arbeitszeitregelung wurde dem Beklagten von der Klägerin das Angebot einer Freistellung bereits „in der ersten Hälfte seiner vereinbarten Laufzeit“ unterbreitet (Bl. 367 d. A.). Später trafen die Parteien eine Absprache dahingehend, dass keine vollständige Freistellung in der Altersteilzeit erfolgen solle, dafür aber die Berechnung des Altersteilzeitentgelts „auf Basis der Entgeltgruppe 14 TVN, Stufe 6 als Regelarbeitsentgelt“ (Bl. 377 d. A.). Die Vergütungsabrede in der Altersteilzeitvereinbarung in § 3 Abs. 1 enthielt hieran anknüpfend die Vereinbarung eines „Tabellenentgelt[s] in Höhe von derzeit 3.675,99 € brutto pro Monat“. Dieser Betrag wurde in den monatlichen Abrechnungen (Bl. 326 ff. d. A.) getrennt ausgewiesen als Tabellenentgelt nach Entgeltgruppe 12, Stufe 6 i.H.v. 3.036,30 € brutto, einem Arbeitgeberanteil zur Vermögensbildung i.H.v. 3,33 € brutto, einer Aufwandsentschädigung „Betriebsrat“ i.H.v. 61,36 € brutto und einer persönlichen Zulage i.H.v. 575,00 € brutto. Hinzu kam die tarifliche Aufstockung in Höhe eines Betrages von 1.268,19 € brutto, was zu einem monatlichen Gesamteinkommen des Beklagten i.H.v. 4.944,18 € brutto (vgl. Abrechnung Oktober 2023, Bl. 358 d. A.) führte. Hinsichtlich der persönlichen Zulage erfolgte unter dem Datum 02.01.2023 (Bl. 378 d. A.) gesondert die Zusage einer jederzeit widerruflichen monatlichen persönlichen Zulage i.H.v. 1.150,00 € rückwirkend ab dem 01.11.2022.
10Mit Schreiben vom 14.12.2023 (Bl. 379 d. A.) teilte die Klägerin dem Beklagten mit, dass sie davon ausgehe, dass seine Höhergruppierung von Entgeltgruppe 10 TV-N NW in Entgeltgruppe 12 TV-N NW fehlerhaft gewesen sei und den Tatbestand der Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds im Sinne des § 78 Satz 2 BetrVG erfülle. Dasselbe gelte für die Zulage i.H.v. 575,00 € brutto. Sie kündigte eine entsprechende Reduzierung der Gehaltszahlungen des Beklagten an, die sie zu Dezember 2023 umsetzte. Ebenfalls gestrichen wurde die dem Beklagten – wie allen anderen Betriebsratsmitgliedern auch – bis dahin gezahlte „Aufwandsentschädigung Betriebsrat“, die der Erstattung von Unkosten, beispielsweise Tankkosten oder Bewirtung, diente.
11Ab April 2024 reduzierte die Klägerin die Gehaltszahlungen noch einmal mit der Begründung, dass auch die Vergütung nach Entgeltgruppe 10 TV N-NW überhöht und der Beklagte in Entgeltgruppe 8 TV N-NW einzugruppieren sei.
12Mit ihrer am 22.12.2023 bei dem Arbeitsgericht H. eingegangenen und dem Beklagten am 30.12.2023 zugestellten Klageschrift sowie mit Klageänderungen vom 16.04.2024 und 22.08.2024, zugestellt am 18.04.2024 und am 23.08.2024, verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Rückzahlung von Vergütung und die Abtretung von Erstattungsansprüchen gemäß § 26 SGB IV.
13Die Klägerin ist der Auffassung, die Höhergruppierungen des Beklagten in die EG 9/10 und 11/12 TV-N NW ebenso wie die Zusage der persönlichen Zulage in Höhe von 575,00 € brutto seien zu Unrecht erfolgt. Sie habe daher einen Anspruch auf Rückzahlung der Differenzbeträge zwischen der EG 12 TV-N NW nebst der persönlichen Zulage und der EG 8 TV-N NW, hilfsweise der EG 10 TV-N NW, sowie einen Anspruch auf Abtretung des Erstattungsanspruchs gegen die Krankenkasse des Beklagten hinsichtlich der zu viel abgeführten Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung. Denn die Höhergruppierungen des Beklagten seien wegen Verstoßes gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot (§ 78 Satz 2 BetrVG) unwirksam. Daraus allein ergebe sich bereits ein Anspruch gegen den Beklagten nach § 817 Satz 1 BGB auf Rückzahlung der im Hinblick auf die unwirksame Eingruppierung überzahlten Vergütung. Da nach derzeitigem Ermittlungsstand ferner davon ausgegangen werden müsse, dass der Beklagte bezüglich seiner Begünstigung vorsätzlich gehandelt habe, ergebe sich der Rückzahlungsanspruch auch als Schadensersatzanspruch aus arbeitsvertraglicher Pflichtverletzung (§ 280 BGB) sowie unerlaubter Handlung (§ 823 BGB).
14Nach Ansicht der Klägerin ist bereits die schrittweise Höhergruppierung in die EG 9 und 10 TV-N NW im Jahr 2011 ohne Rechtsgrund erfolgt. Sie behauptet, dass ihre Entscheidung bei der Besetzung der Position des Sachgebietsleiters Fahrausweisprüfung im Herbst 2010 in keinerlei Zusammenhang mit der Betriebsratstätigkeit des Beklagten gestanden habe. Der Kollege, der den Vorzug erhalten habe, sei der für die Position geeignetste Kandidat gewesen. Der Beklagte hätte die Stelle daher auch dann nicht erhalten, wenn er kein Betriebsrat gewesen wäre. Sie müsse davon ausgehen, dass der Beklagte hinsichtlich dieser Höhergruppierungen bedingt vorsätzlich gemeinsam mit ihren damaligen Vertretern gegen das Begünstigungsverbot verstoßen habe.
15Auch die Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 11/12 TV-N NW anlässlich der erfolglosen Bewerbung des Beklagten auf die Stelle des Betriebshofleiters R. sei unter Verstoß gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG erfolgt. Die Klägerin behauptet insofern, dass die Mitgliedschaft des Beklagten im Betriebsrat bei der Auswahlentscheidung keine Rolle gespielt habe und schon gar nicht entscheidend für die damalige Absage gewesen sei. Die Frage nach der Betriebsratstätigkeit sei lediglich gestellt worden, um absehen zu können, ob im Fall einer Entscheidung für den Beklagten eine Umwandlung der Position in eine Teilzeitstelle mit einer entsprechenden Umorganisation des Bereichs erforderlich gewesen wäre. Die fehlende Kausalität zwischen dem Betriebsratsmandat des Beklagten und der damaligen Absage sei auch daran abzulesen, dass der Beklagte selbst bei Erreichen der maximalen Punktzahl im Bewerbungsgespräch hinter dem Kollegen, dem die Stelle übertragen wurde, zurückgeblieben wäre. Insbesondere sei zu berücksichtigen, dass der Beklagte im Gegensatz zu dem späteren Stelleninhaber Herrn TT., aber auch im Verhältnis zu anderen Bewerbern wie Frau EE. und Herrn SH., keine Ausbildung für das Betriebshofbüro oder vergleichbare Kenntnisse gehabt habe und im Betriebshofbüro auch nicht bereits ein oder mehrere Jahre tätig gewesen sei. Die Tätigkeit eines Sachbearbeiters Fahrausweisprüfung, die der Beklagte zuvor wahrgenommen hatte, sei nämlich nicht mit derjenigen eines Betriebshofassistenten im Betriebshofbüro bzw. eines Sachbearbeiters im Betriebshofbüro gleichwertig. Im Rahmen des extern durchgeführten Assessment-Centers sei dem Beklagten lediglich eine eingeschränkte Eignung für die Position des Betriebshofleiters zugesprochen worden. Es sei von einem (bedingt) vorsätzlichen Verhalten des Beklagten auszugehen. Jedenfalls habe dieser grob fahrlässig gehandelt. Denn aufgrund der Kenntnis von den ihm mitgeteilten Ablehnungsgründen und seiner aktiven Einbindung in den Entscheidungsprozess, insbesondere im Rahmen der gemeinsamen Gespräche mit ihren Rechtsanwälten, habe der Beklagte seine rechtswidrig erfolgte Höhergruppierung erkennbar billigend in Kauf genommen. So habe der Beklagte genau gewusst, welche Voraussetzungen eine Höhergruppierung habe. Er habe gewusst, dass nicht allein seine Betriebsratstätigkeit der Übernahme der Position Betriebshofleiter R. entgegengestanden habe, sondern auch bspw. sein Abschneiden im Assessment-Center. Ihre Anwälte hätten dem Beklagten gegenüber in einem gemeinsamen Gespräch am 23.03.2017 kommuniziert, dass die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung nicht vorlägen. Als vielfach geschultes Betriebsratsmitglied sei der Beklagte für die Voraussetzungen einer betriebsverfassungsrechtlich gerechtfertigten Höhergruppierung auch im besonderen Maße sensibilisiert.
16Die in der Altersteilzeitvereinbarung enthaltene Vergütungsabrede, die auch erhöhte Aufstockungsbeträge zur Folge gehabt habe, verstoße ebenfalls gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG. Ein sachlicher Grund dafür, dass das Gehalt des Beklagten noch einmal um zwei Entgeltgruppen angehoben wurde, sei nicht erkennbar und allein mit der Tätigkeit des Beklagten als Betriebsratsmitglied zu erklären. Die Klägerin behauptet hierzu, dass es zwar richtig sei, dass mit anderen Mitarbeitenden Altersteilzeitvereinbarungen mit einer sofortigen Freistellung getroffen worden seien, dass aber anders als beim Beklagten für jeden dieser Fälle ein betrieblicher Grund bestanden habe. So sei Herr VP. im Rahmen einer Altersteilzeitvereinbarung vor dem Hintergrund einer Personalabbaumaßnahme bereits ab dem 01.05.2023 freigestellt worden. Herr RF. sei im Rahmen seines Altersteilzeitvertrages aufgrund persönlicher Differenzen und des Wegfalls seiner Stelle vorzeitig freigestellt worden. Ein weiterer Mitarbeiter sei aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen vorzeitig freigestellt worden. Andere Mitarbeiter, auf die der Beklagte sich berufe, nämlich die Herren ZW. und PZ., seien im Rahmen von Aufhebungsvereinbarungen zum Teil auch langjährig freigestellt worden, nicht aber im Rahmen von Altersteilzeitvereinbarungen. Bei dem Beklagten habe es demgegenüber kein betriebliches Interesse an einem vorzeitigen Ausscheiden gegeben. Auch eine entsprechende Betriebsvereinbarung sehe nicht die Gewährung einer Zulage aus Anlass des Abschlusses eines Altersteilzeitvertrages vor. Auch diesbezüglich habe der Beklagte bedingt vorsätzlich gehandelt. Denn ihm sei bewusst gewesen, dass es keinen sachlichen Grund für seine Vergütungserhöhung gegeben habe.
17Die Klägerin ist der Ansicht, dass eine Kürzung der ihr zustehenden vertraglichen oder deliktischen Rückzahlungsansprüche nach § 254 BGB wegen Mitverschuldens nicht in Betracht komme. Denn die maßgeblichen Verursachungsbeiträge seien seitens des Beklagten geleistet worden, da dieser seine Höhergruppierung jeweils beantragt und auch weiter forciert habe. Hätte der Beklagte dies nicht getan, hätte sich damals der neue Leiter Personal nicht veranlasst gesehen, das Verfahren bzgl. der Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 11/12 TV-N NW noch einmal neu aufzurollen und es wäre im Ergebnis nicht zur Vornahme der Höhergruppierung gekommen. Jedenfalls aber wäre ihr Schadensersatzanspruch vor diesem Hintergrund lediglich anteilig zu kürzen.
18Die Klägerin ist weiter der Auffassung, dass § 817 Satz 2 BGB bereicherungsrechtlichen Rückforderungsansprüchen nicht entgegenstünde. Dies folge aus dem Sinn und Zweck des Begünstigungsverbots des § 78 Satz 2 BetrVG. Denn die Begünstigung, die nach § 78 Satz 2 BetrVG verhindert werden solle, werde durch den Kondiktionsausschluss perpetuiert. Es sei auch nicht so, dass der begünstigende Arbeitgeber bei Nichtanwendung des § 817 Satz 2 BGB gefahrlos begünstigen könne. Denn ein vorsätzlich begünstigender Arbeitgeber bzw. seine vorsätzlich begünstigenden Vertreter seien nicht nur zivilrechtlichen Ansprüchen, sondern auch erheblichen strafrechtlichen Vorwürfen gem. § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG sowie § 266 StGB ausgesetzt. Soweit die Auffassung vertreten werde, dass durch eine einschränkende Auslegung des § 817 Satz 2 BGB auch das Betriebsratsmitglied, das die Begünstigung nicht einmal bemerkt habe, zur kompletten Rückzahlung der gewährten Leistung verpflichtet wäre, was unter Umständen zu einem Verlust der wirtschaftlichen Existenzgrundlage dieses Arbeitnehmers führen könne, sei dies bei der Frage der einschränkenden Auslegung nicht zu berücksichtigen. Denn im Rahmen des § 78 BetrVG genüge bereits ein objektiver Gesetzesverstoß, Auf die Kenntnis des Betriebsratsmitglieds von der Begünstigung komme es nicht an. Dass ein Arbeitgeber Rückforderungsansprüche gegen einen von ihm begünstigten Betriebsrat geltend mache, sei auch nicht etwa unbillig, sondern seine Organe seien dazu verpflichtet (vgl. etwa § 93 AktG).
19Der Beklagte könne ihren Ansprüchen auch nicht den Einwand der Entreicherung entgegenhalten. Es werden insofern bestritten, dass die Bereicherung des Beklagten – zumal in Gänze – weggefallen sei. Zudem hafte der Beklagte verschärft gem. § 819 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 i.V.m. § 818 Abs. 4 BGB.
20Die Klägerin beantragt nach Rücknahme von Zahlungs- und Abtretungsansprüchen für den Zeitraum von Januar 2020 bis Mai 2023 zuletzt noch
1. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Juni 2023 i.H.v. EUR 1.957,39 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2023 zu zahlen;
2. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 312,83 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Juni 2023 an sie abzutreten;
3. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Juli 2023 i.H.v. EUR 1.899,09 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2023 zu zahlen;
4. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 321,09 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Juli 2023 an sie abzutreten;
5. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat August 2023 i.H.v. EUR 1.922,02 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. August 2023 zu zahlen;
6. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 348,19 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat August 2023 an sie abzutreten;
7. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat September 2023 i.H.v. EUR 1.922,02 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. September 2023 zu zahlen;
8. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 348,19 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat September 2023 an sie abzutreten;
9. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Oktober 2023 i.H.v. EUR 1.922,03 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Oktober 2023 zu zahlen;
10. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 348,18 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Oktober 2023 an sie abzutreten;
11. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat November 2023 i.H.v. EUR 2.959,83 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. November 2023 zu zahlen;
12. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 584,13 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat November 2023 an sie abzutreten;
13. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Dezember 2023 i.H.v. EUR 453,23 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Dezember 2023 zu zahlen;
14. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 79,75 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Dezember 2023 an sie abzutreten;
15. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Januar 2024 i.H.v. EUR 447,11 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Januar 2024 zu zahlen;
16. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 85,87 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Januar 2024 an sie abzutreten;
17. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Februar 2024 i.H.v. EUR 447,11 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Februar 2024 zu zahlen;
18. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 85,87 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Februar 2024 an sie abzutreten;
19. den Beklagten zu verurteilen, an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW für den Monat März 2024 i.H.v. EUR 471,7 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. März 2024 zu zahlen;
20. den Beklagten zu verurteilen, seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 90,58 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 8 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW für den Monat März 2024 an sie abzutreten.
Höchst vorsorglich für den Fall, dass das Gericht der Auffassung sein sollte, dass der Klägerin im streitgegenständlichen Zeitraum nur ein Rückzahlungsanspruch in Höhe der Differenz zwischen der Vergütung nach Maßgabe der Entgeltgruppe 10 (statt der Entgeltgruppe 8 TV-N NW) und der Entgeltgruppe 12 TV-N NW zusteht, stellt die Klägerin den Hilfsantrag
den Beklagten zu verurteilen,
20. an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Juni 2023 i.H.v. EUR 1.432,68 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2023 zu zahlen;
21. seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 233,75 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Juni 2023 an sie abzutreten;
22. an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Juli 2023 i.H.v. EUR 1.430,63 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Juli 2023 zu zahlen;
23. seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 235,79 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Juli 2023 an sie abzutreten;
24. an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat August 2023 i.H.v. EUR 1.430,64 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. August 2023 zu zahlen;
25. seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 235,79 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat August 2023 an sie abzutreten;
26. an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat September 2023 i.H.v. EUR 1.430,64 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. September 2023 zu zahlen;
27. seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 235,79 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat September 2023 an sie abzutreten;
28. an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Oktober 2023 i.H.v. EUR 1.415,04 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. Oktober 2023 zu zahlen;
29. seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 251,39 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat Oktober 2023 an sie abzutreten;
30. an sie die (Netto-)Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat November 2023 i.H.v. EUR 2.222,73 nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 15. November 2023 zu zahlen;
32. seinen Erstattungsanspruch (gemäß § 26 SGB IV) gegen die ZQ. Krankenkasse in Höhe von EUR 432,52 für die Vergütungsdifferenz zwischen Entgeltgruppe 10 Stufe 6 TV-N NW und Entgeltgruppe 12 Stufe 6 TV-N NW für den Monat November 2023 an sie abzutreten.
die Klage abzuweisen.
22Der Beklagte ist der Auffassung, dass die von der Klägerin geltend gemachten Rückzahlungsansprüche mangels unzulässiger Begünstigung i. S. d. § 78 Satz 2 BetrVG nicht bestünden. Er sei zutreffend in EG 12 TV-N NW eingruppiert, die Altersteilzeitvergütung sei vertraglich vereinbart worden.
23Der Beklagte behauptet insofern, dass die Nichtberücksichtigung in beiden Bewerbungsverfahren, an denen er teilgenommen habe, auf seine Mitgliedschaft im Betriebsrat zurückzuführen sei. Nach seiner Bewerbung für die Stelle des „Sachgebietsleiters Fahrausweisprüfung“ sei die gesamte Abteilung einschließlich des Abteilungsleiters davon ausgegangen, dass er die Nachfolge auf dieser Position antreten werde. Der damalige Personalleiter habe aber seine Beförderung verhindern wollen. Dies werde aus seiner Sicht insbesondere daraus ersichtlich, dass der letztlich ausgewählte Bewerber zuvor in der Fahrausweisprüfung nicht tätig gewesen und schlussendlich auf der Position auch gescheitert sei.
24Die Absage für die Position des Betriebshofleiters R. stehe ebenfalls mit seinem Betriebsratsmandat in Zusammenhang. Der Beklagte behauptet diesbezüglich, dass bereits vor Beginn des Bewerbungsverfahrens festgestanden habe, dass Herr TT. die Stelle erhalten solle. Die geforderte Qualifikation eines Betriebshof-Assistenten habe nur dazu gedient, die Stelle an ihm als bestgeeignetsten Bewerber vorbei mit dem Wunschkandidaten, der im Ergebnis auch berücksichtigt worden sei, besetzen zu können. Denn hinter der Qualifikation „Ausbildung zum Betriebshofassistenten“ verberge sich nichts anderes als ein Anlernen im Betriebshofbüro, das lediglich drei Tage in Anspruch nehme. Ihm sei in einem damaligen Gespräch mit Anwälten der Klägerin auch nicht mitgeteilt worden, dass eine Benachteiligung nicht vorliege. Er könne sich an nur ein Gespräch mit dem Anwalt der Gegenseite erinnern. Dieses Gespräch habe ergebnisoffen geendet.
25Auch die persönliche Zulage i.H.v. 575 € brutto sei zu Recht an ihn gezahlt worden. Immerhin habe er mit dieser Vereinbarung auf die bereits zugesagte Freistellung für die gesamte Dauer der Altersteilzeit verzichtet, was ausweislich des Vermerks der Klägerin vom 13.10.2022 (Bl. 377 d. A.) für diese „Einsparungen in Höhe von ca. 25.000 €“ mit sich gebracht habe. Er behauptet hierzu, dass es bei der Klägerin nicht unüblich sei, im Rahmen von Altersteilzeitregelungen im Blockmodell mit langjährigen Beschäftigten bereits für die erste Phase eine Freistellung zu vereinbaren. Dies sei beispielsweise auch bei den Mitarbeitern RF., ZW., PZ. und VP. erfolgt. Eine solche Freistellung habe er jedoch nicht in Anspruch nehmen wollen und dafür die persönliche Zulage ausgehandelt. Auch dies sei bei der Klägerin nicht unüblich. Zulagen verschiedenster Art würden an Hunderte von Mitarbeitern gezahlt.
26Es sei auch zu berücksichtigen, dass allen Betriebsräten – so auch ihm – von der Klägerin immer mitgeteilt worden sei, dass vor jeder Beförderung anwaltliche Gutachten eingeholt werden würden und eine Höhergruppierung nur vorgenommen werde, wenn der Anwalt ansonsten von einer Benachteiligung ausgehe.
27Die Berechnungen der Klägerin seien jedenfalls nicht in Gänze nachvollziehbar. So habe die Klägerin bspw. einen Nettoinflationsausgleich in ihre Berechnungen verwoben und Reisekosten in die Bruttobeträge eingerechnet.
28Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
29Die zulässige Klage ist unbegründet.
301. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt.
31a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstands und des Grundes des erhobenen Anspruchs sowie einen bestimmten Antrag enthalten. Die Klagepartei muss eindeutig festlegen, welche Entscheidung sie begehrt. Dazu hat sie den Streitgegenstand so genau zu bezeichnen, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 ZPO) keinem Zweifel unterliegt und die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Parteien entschieden werden kann (§ 322 ZPO) (BAG v. 19.02.2019 – 3 AZR 215/18, Rn. 16, juris; BAG v. 18.09.2018 – 9 AZR 199/18, Rn. 18, juris; BAG v. 29.08.2018 – 7 AZR 206/17, Rn. 20, juris). Die Anträge der Parteien sind dabei als Prozesshandlung der Auslegung fähig. Bei der Auslegung einer Prozesserklärung darf eine Partei nicht am buchstäblichen Sinn ihrer Wortwahl festgehalten werden, sondern es ist davon auszugehen, dass sie mit ihrer Prozesshandlung das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (BGH v. 10.11.2009 – XI ZB 15/09, Rn. 9, juris). Maßgeblich ist nicht der Wortlaut eines Antrags, sondern der durch ihn verkörperte, einem objektiven Empfänger erkennbare Wille. Dementsprechend ist die dem Antrag beigegebene Begründung sowie das sonstige Prozessvorbringen zu berücksichtigen (BAG v. 14.10.2003 – 9 AZR 636/02, Rn. 29, juris).
32b) Gemessen an diesen zutreffenden Grundsätzen erweist sich die Klage als ausreichend bestimmt. Zwar bezeichnet die Klägerin ihre Ansprüche in den gestellten Klageanträgen als „(Netto-)Vergütungsdifferenz“, sie hat schriftsätzlich und in der Kammerverhandlung aber dargelegt, dass es sich bei den eingeklagten Beträgen um diejenigen Differenzen handelt, die sich aus der Differenz der jeweiligen Bruttobeträge abzüglich der ihres Erachtens zu viel gezahlten Beiträge zur Sozialversicherung ergeben. Die für den Beklagten abgeführten Steuern habe sie von den Bruttobeträgen nicht abgezogen. Daraus ergibt sich eindeutig bestimmt, was die Klägerin unter „(Netto-)Vergütungsdifferenz“ versteht (nämlich weder reine Brutto- noch reine Nettobeträge).
332. Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Rückzahlungsanspruch als Schadensersatz wegen arbeitsvertraglicher Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 241 Abs. 2, 611a BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB oder gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB für den streitgegenständlichen Zeitraum von Juni 2023 bis März 2024. Auch ein bereicherungsrechtlicher Rückzahlungsanspruch gemäß §§ 812 ff. BGB kommt nicht in Betracht.
34a) Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Rückzahlungsanspruch als Schadensersatz wegen arbeitsvertraglicher Pflichtverletzung gemäß § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 241 Abs. 2, 611a BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB.
35aa) Selbst wenn man zugunsten der Klägerin unterstellt, dass der Beklagte durch die Höhergruppierungen von EG 7 TV-N NW zunächst in EG 9/10 TV-N NW und später in EG 11/12 TV-N NW und durch den Erhalt einer persönlichen Zulage in Höhe von 575,00 € brutto monatlich im Rahmen der Altersteilzeit eine gegen § 78 Satz 2 BetrVG verstoßende Begünstigung erfahren haben sollte, so fehlt für die geltend gemachten Schadenersatzansprüche eine hinreichend substantiierte Darlegung des Vertretenmüssens durch den Beklagten im Sinne der §§ 280 Abs. 1 Satz 2, 619a BGB.
36(1) Die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf hat in ihrem Urteil vom 24.04.2024 in einem Parallelverfahren zutreffend folgendes zu den allgemeinen Anforderungen an einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 241 Abs. 2, 611a BGB i. V. m. §§ 249 ff. BGB ausgeführt:
„Ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 241 Abs. 2, 611a BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB setzt eine schuldhafte Verletzung einer arbeitsvertraglichen (Neben-)Pflicht voraus. Auf Grund der Umkehrung der Beweislastregel des § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB für das Arbeitsverhältnis in § 619a BGB hat dabei der Arbeitgeber das Vertretenmüssen des Arbeitnehmers darzulegen und ggf. zu beweisen. Das gilt grundsätzlich für sämtliche Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers (vgl. BAG, Urteil vom 18. Juli 2006 – 1 AZR 578/05 –, Rn. 14, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. April 2018 – 8 Sa 443/17 –, Rn. 36, juris; LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 11. Januar 2006 – 2 Sa 397/05 –, Rn. 16, juris). Von Amts wegen ist dabei auch eine Minderung oder ein Ausschluss des Schadens durch etwaiges Mitverschulden des Geschädigten zu prüfen – § 254 BGB (vgl. BAG, Urteil vom 21. Mai 2015 – 8 AZR 116/14 –, Rn. 33, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 17. April 2018 – 8 Sa 443/17 –, Rn. 36, juris).“
37Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer vollumfänglich an.
38(2) Gemessen daran ist es der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin nicht gelungen, Tatsachen darzulegen, aufgrund derer die erkennende Kammer in die Lage versetzt wird, ein Vertretenmüssen des Beklagten in Bezug auf die verschiedenen Höhergruppierungsmaßnahmen festzustellen.
39(a) Die Klägerin hat nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass der Beklagte seine Höhergruppierung in die EG 9 TV-N NW und nach sechs Monaten in die EG 10 TV-N NW zu vertreten hat.
40Nach der Bewerbung des Beklagten auf die Position Sachgebietsleiter Fahrausweisprüfung erhielt der Beklagte das Schreiben der Klägerin vom 01.07.2011, ausweislich dessen „ohne Ausübung Ihrer Funktion als Betriebsratsmitglied eine berufliche Entwicklung zu der Tätigkeit als,,Sachgebietsleiter Fahrausweisprüfung“ in der Abteilung T 105,,Ausbildungsbetrieb und Service“ möglich gewesen wäre“. Die Klägerin trägt nicht vor, dass der Beklagte zuvor in irgendeiner Weise von den internen Entscheidungsprozessen der Klägerin oder deren Motivationslage, ihn – dem Beklagten – höherzugruppieren, Kenntnis erlangt habe. Der Beklagte war in keiner Weise an dem Auswahlverfahren beteiligt, so dass es ihm selber unmöglich war, zuverlässig und im Einklang mit dem geltenden Recht zu beurteilen, ob er oder ein anderer Bewerber der bestgeeignetste Bewerber für die Position des Sachgebietsleiters Fahrausweisprüfung war. Alleiniger Beitrag des Beklagten im Rahmen dieses Höhergruppierungssachverhalts war seine Bewerbung auf die ausgeschriebene Stelle und seine Bitte um Überprüfung der zutreffenden Eingruppierung. Beides sind zulässige Verhaltensweisen. Da es nicht dem Beklagten, sondern allein der Klägerin oblag, darüber zu entscheiden, ob der Beklagte in die EG 9 TV-N NW und nach sechs Monaten in die EG 10 TV-N NW höhergruppiert wird, ist ein Vertretenmüssen des Beklagten in keiner Weise ersichtlich.
41(b) Die Klägerin hat auch nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass der Beklagte seine Höhergruppierung zunächst in die EG 11 TV-N NW und später in die EG 12 TV-N NW zu vertreten hat.
42Insofern gilt auch zunächst hier, dass es sich bei der Frage, ob der Beklagte in die EG 11 TV-N NW und später in die EG 12 TV-N NW eingruppiert wird, um eine in der Sphäre der Klägerin liegende Entscheidungsfindung handelte. Die Klägerin selber hat schlussendlich die Entscheidung getroffen und dem Beklagten mit Schreiben vom 17.06.2017 mitgeteilt, ihn (nun doch) in die EG 11 TV-N NW einzugruppieren. Der Beklagte wurde an dem Auswahlverfahren nicht beteiligt und hatte unstreitig keine konkrete Kenntnis von dem Abschneiden seiner Konkurrenten in den einzelnen Stufen des Auswahlverfahrens (Bewerbung, Assessment-Center, Vorstellungsgespräch), jedenfalls aber keine Einsicht in die entsprechenden Unterlagen des Bewerbungsverfahrens. Eine objektiv zutreffende Bewertung, ob nun er selber – der Beklagte – oder einer seiner Konkurrenten der bestgeeignetste Bewerber für die Position des Betriebshofleiters R. sein würde, war ihm in keiner Weise möglich. Der Beklagte hatte auch mangels entgegenstehenden Vortrages der Klägerin keine Kenntnis davon, dass der damalige Abteilungsleiter in einem internen Schreiben zu Beginn des Auswahlverfahrens vorgeschlagen hatte, ihm – dem Beklagten – eine sofortige Absage zu erteilen. Vielmehr nahm der Beklagte an sämtlichen Stufen des Auswahlverfahrens teil und kam in die Runde der letzten Fünf. Aus der Sicht des Beklagten im Rahmen des Bewerbungsverfahrens konnte und durfte der Beklagte daher davon ausgehen, dass er zumindest ein gut geeigneter Bewerber für die Position des Betriebshofleiters R. war. Unstreitig ist der Beklagte sodann im Bewerbungsgespräch gefragt worden, ob er im Falle einer erfolgreichen Bewerbung sein Betriebsratsamt aufgeben würde. Da nicht unterstellt werden kann, dass in einem Bewerbungsgespräch Fragen gestellt werden, die von vorneherein bedeutungslos sind, macht das Stellen dieser Frage nur Sinn, wenn der Fragende davon ausgeht, dass grundsätzlich die Eignung und Befähigung des Befragten für die ausgeschriebene Position vorliegt und eine Besetzung des Befragten auf die ausgeschriebene Stelle in Betracht kommt. Die Frage legt damit auch den Schluss nahe, dass die teilweise Freistellung des Beklagten aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit zumindest auch entscheidend für die Auswahlentscheidung der Klägerin war. In der Folge durfte der Beklagte auch davon ausgehen, möglicherweise wegen seines Betriebsratsmandats bei der Frage der Stellenbesetzung auf die Position Betriebshofleiter R. benachteiligt worden zu sein. Im Umkehrschluss kann die Entgegennahme der ab dem 01.07.2017 gezahlten höheren Vergütung kein Vertretenmüssen des Beklagten im Sinne des § 280 Satz 2 BGB begründen.
43Dabei verkennt die Kammer nicht, dass der Beklagte im Rahmen dieser Höhergruppierung – anders als bei seiner Eingruppierung in die EG 9/10 TV-N NW – jedenfalls insofern Kenntnis von den Entscheidungsprozessen der Klägerin erlangt hat, als dass er nach seinem Höhergruppierungsverlangen bereits im Jahr 2015 und dann auch im Jahr 2017 mehrere Gespräche mit den Entscheidungsträgern der Klägerin unter Beteiligung von dem klägerischen Rechtsbestand geführt hat, in denen die Berechtigung der Höhergruppierung erörtert wurde. Auch erhielt der Beklagte unter dem 21.04.2016 zunächst ein ablehnendes Schreiben und erst im Nachgang dazu im Juni 2017 ein die Höhergruppierung zusagendes Schreiben der Klägerin. Dennoch aber stellt sich die Entgegennahme der aufgrund der Höhergruppierung erlangten Gehälter zur Überzeugung der Kammer nicht als schuldhafte Verletzung einer arbeitsvertraglichen (Neben-)Pflicht dar. Denn selbst wenn man den Vortrag der Klägerin unterstellen wollte, dass dem Beklagten auch in einem mit ihren Entscheidungsträgern und ihren Anwälten geführten mündlichen Gespräch mitgeteilt worden sein soll, dass kein Anspruch auf eine Höhergruppierung bestehe, stellt sich die Entgegennahme der höheren Vergütung durch den Beklagten nach einer Gesamtschau unter Berücksichtigung insbesondere der unstreitig im Bewerbungsgespräch gestellten Frage nach der Aufgabe des Betriebsratsmandats und der Anzahl der Treffen mit den Entscheidungsträgern der Klägerin, die deutlich macht, dass es sich nicht um eine einfach gelagerte Frage handelte, nicht als schuldhafte Pflichtverletzung dar. Dies gilt auch deshalb, weil selbst bei der Klägerin Zweifel darüber bestanden, ob nicht umgekehrt das Untersagen der Höhergruppierung ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG begründen würde, wie sich beispielweise aus dem Vermerk des Herrn S. vom 08.09.2016 ergibt. Auch das von der Klägerin in Auftrag gegebene anwaltliche Gutachten vom 07.06.2019 kam basierend auf der Annahme, dass der Beklagte auch wegen seiner Betriebsratstätigkeit die Position des Betriebshofleiters R. nicht übertragen wurde, zu dem Ergebnis, dass die Höhergruppierung zutreffend erfolgt ist und schränkt dies lediglich insofern ein, dass anderes gelten würde, wenn ausschließlich sachliche Gründe für die Berücksichtigung des anderen Kandidaten gesprochen hätten.
44Unerheblich ist insofern auch, dass die Klägerin vorträgt, der Beklagte sei ein gut geschultes Betriebsratsmitglied und hätte auch deswegen erkennen können, dass seine Höhergruppierung gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG verstieße. Wie bereits ausgeführt, war der Beklagte an dem eigentlichen Auswahlverfahren nicht beteiligt und konnte nicht wissen, wie seine Konkurrenten abgeschnitten hatten. Auch dem bestgeschultesten Betriebsratsmitglied kann ohne Kenntnis des vollständigen Sachverhalts und trotz mehrerer geführter Gespräche bzgl. der Frage der zutreffenden Eingruppierung nicht die schuldhafte Verletzung einer arbeitsvertraglichen Pflicht bei der Entgegennahme von einer ihm von der Arbeitgeberin gewährten Höhergruppierung vorgeworfen werden.
45(c) Auch hinsichtlich des Erhalts der persönlichen Zulage in Höhe von 525,00 € brutto nach Abschluss des Altersteilzeitvertrages mangelt es zur Überzeugung der Kammer an einem ausreichend substantiierten Vortrag der Klägerin dazu, dass der Beklagte den Erhalt der persönlichen Zulage in Höhe von 525,00 € brutto zu vertreten hat.
46Der Beklagte konnte und durfte zum Zeitpunkt des Abschlusses des Altersteilzeitvertrages davon ausgehen, dass bei der Klägerin ein erhebliches Interesse daran besteht, dass eine bestimmte Anzahl ihrer Arbeitnehmer Altersteilzeitverträge abschließt. Schließlich war es die Klägerin, die ihren Mitarbeitern mit einer Telefonaktion in einem gewissen Umfang Altersteilzeitverträge angeboten hatte. Im Verlauf der Verhandlungen über den Altersteilzeitvertrag war es nicht der Beklagte, sondern eigeninitiativ die Klägerin, die dem Beklagten zunächst die Freistellung schon in der aktiven Phase der Altersteilzeit und nachdem der Beklagte dies ablehnte, die Zahlung der Zulage stattdessen anbot. Ein kollusives Verhalten der Vertreter der Klägerin und des Beklagten behauptet selbst die Klägerin nicht. Der Beklagte durfte daher zur Überzeugung der Kammer davon ausgehen, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Freistellung des Beklagten hatte. Dass dieses Interesse der Klägerin womöglich nicht im Einklang mit dem Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG stand, kann dem Beklagten vorgeworfen werden. Denn unstreitig haben auch andere Mitarbeiter der Klägerin – ob im Rahmen von Altersteilzeitverträgen oder im Rahmen von Aufhebungsverträgen – von der Klägerin zum Teil langwierige Freistellungen zugesprochen bekommen. Soweit die Klägerin nunmehr behauptet, den Freistellungen anderer Mitarbeiter lägen jeweils sachliche Gründe zugrunde, für die Freistellung des Beklagten habe es aber keinen sachlichen Grund gegeben, mag dies unterstellt werden. Für die Frage des Vertretenmüssens i. S. d. § 280 Abs. 1 BGB kommt es aber darauf an, ob sich die Entgegennahme der persönlichen Zulage durch den Beklagte als schuldhafte Verletzung seiner arbeitsvertraglichen (Neben-) Pflichten darstellt. Dies hat, wie dargelegt, die Klägerin darzulegen und zu beweisen. Diese hat aber nicht vorgetragen, dass der Beklagte wusste oder jeweils hätte wissen müssen, dass den Freistellungen anderer Mitarbeiter im Rahmen von Altersteilzeitverträgen bzw. Aufhebungsverträgen jeweils sachliche Gründe zugrunde gelegt haben, dies in seinem Fall aber nicht so war. Stellt sich die Entgegennahme einer Freistellung im Rahmen der aktiven Phase der Altersteilzeit durch den Beklagten nicht als schuldhafte Pflichtverletzung des Beklagten dar, gilt gleiches bzgl. der anstelle der Freistellung ausgezahlten persönlichen Zulage. Von einem Vertretenmüssen des Beklagten i. S. d. § 280 Satz 1 BGB kann mithin nicht ausgegangen werden.
47bb) Selbst wenn man unterstellen wollte, dass der Beklagte durch die Entgegennahme der Höhergruppierungen bzw. den Erhalt der persönlichen Zulage schuldhaft gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen haben sollte, scheitert ein Anspruch der Klägerin gegen den Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. §§ 241 Abs. 2, 611a BGB i. V. m. §§ 249 ff. BGB – selbständig tragend – auch an einem überwiegenden Mitverschulden der handelnden Personen auf Seiten der Klägerin an der Schadensentstehung.
48(1) Die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf hat dabei in ihrem Urteil vom 24.04.2024 (Az. 8 Ca 6052/23) folgendes zutreffend ausgeführt:
„a. Die Frage eines möglichen Mitverschuldens der Klägerin im Sinne des § 254 BGB ist von Amts wegen zu prüfen (vgl. BAG, Urteil vom 21. Mai 2015 – 8 AZR 116/14 –, Rn. 33, juris; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 7. Februar 2019 – 5 Sa 261/18 –, Rn. 30, juris).
Hat – wie hier – bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Geschädigten mitgewirkt, so hängt nach § 254 Abs. 1 BGB die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend vom Schädiger oder vom Geschädigten verursacht worden ist. In erster Linie ist hierbei nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, Urteil vom 28. April 2015 – VI ZR 206/14 – Rn. 10, NJW-RR 2015, 1056; BGH, Urteil vom 20. September 2011 – VI ZR 282/10 – Rn. 14, NJW-RR 2012, 157; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 2 Sa 56/17 –, Rn. 25, juris) das Maß der Verursachung von Belang, in dem die Beteiligten zur Schadensentstehung beigetragen haben; das beiderseitige Verschulden ist nur ein Faktor der Abwägung. Es kommt danach für die Haftungsverteilung entscheidend darauf an, ob das Verhalten des Schädigers oder das des Geschädigten den Eintritt des Schadens in wesentlich höherem Maße wahrscheinlich gemacht hat. Die unter diesen Gesichtspunkten vorzunehmende Abwägung kann in besonderen Fallgestaltungen ausnahmsweise auch zu dem Ergebnis führen, dass einer der Beteiligten allein für den Schaden aufkommen muss (vgl. BGH, Urteil vom 20. Januar 1998 – VI ZR 59/97 – Rn. 8, NJW 1998, 1137; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 26. Oktober 2017 – 2 Sa 56/17 –, Rn. 25, juris).“
49Diesen zutreffenden Ausführungen folgt die erkennende Kammer.
50(2) Ausgehend von diesen Grundsätzen haftet der Beklagte wegen des weit überwiegenden Verursachungs- und Verschuldensbeitrags der Klägerin nicht für deren Schaden – unterstellt ein solcher existiert –, der dieser wegen der Höhergruppierung des Beklagten bereits entstanden ist.
51(a) Ursache des von der Klägerin geltend gemachten Schadens sind zwei Höhergruppierungen, die dem Beklagten nach Ansicht der Klägerin unter Verstoß gegen § 78 Satz 2 BetrVG gewährt wurden, sowie die Gewährung einer persönlichen Zulage im Rahmen der Altersteilzeitvereinbarung, die ebenfalls unter Verstoß gegen § 78 Satz 2 BetrVG gewährt worden sein soll. Die Klägerin wirft dem Beklagten insofern vor, die Höhergruppierungen beantragt und entgegengenommen zu haben. Außen vor lässt die Klägerin allerdings, dass der Beklagte weder die Höhergruppierungen noch die Gewährung der persönlichen Zulage bewilligen oder deren Auszahlung veranlassen konnte. Ohne die Handlungen der auf Seiten der Klägerin beteiligten Personen hätte im vorliegenden Fall der von der Klägerin behauptete und hier unterstellte Schaden nicht eintreten können.
52(b) Die Höhergruppierungen des Beklagten in die EG 9/10 TV-N NW und in die EG 11/12 TV-N NW sowie die Gewährung der persönlichen Zulage beruhen ausschließlich auf einem Tätigwerden der Vorgesetzten des Beklagten, denn diese haben die entsprechenden Höhergruppierungen und Gewährung der Zulage ohne Zutun des Beklagten veranlasst. Die Beteiligung des Beklagten beschränkte sich auf die Beantragung der Eingruppierung in die EG 9 TV-N NW und EG 11 TV-N NW sowie der Beantragung von Altersteilzeit sowie auf die Entgegenahme der entsprechenden Vergütung. Zutreffend ist zwar, dass der Beklagte im Zusammenhang mit der Eingruppierung in die EG 11/12 TV-N NW mehreren Gesprächen mit den Entscheidungsträgern der Klägerin und deren Anwälten beiwohnte. Das Beiwohnen an diesen Gesprächen hatte aber auch nach dem Vortrag der Klägerin nicht zur Folge, dass der Beklagte sodann verantwortlich für die Gewährung der Höhergruppierung wurde. In diesem Fall liegt das weitaus überwiegende Verschulden an der Schadensentstehung ganz offensichtlich bei der Klägerin, die sich das Handeln ihrer Vorgesetzten gemäß § 278 BGB zurechnen lassen muss (vgl. dazu BAG v. 25.10.2007 – 8 AZR 593/06, Rn. 79, juris).
53cc) Mangels eines Vertretenmüssens des Beklagten sowie aufgrund des überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin kommen Schadensersatzansprüche der Klägerin aus § 280 BGB mithin selbst dann nicht in Betracht, wenn die Zahlung der streitgegenständlichen Vergütung gegen § 78 Satz 2 BetrVG verstoßen haben sollte.
54b) Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen Rückzahlungsanspruch als Schadensersatz aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 249 ff. BGB für den streitgegenständlichen Zeitraum.
55aa) Selbst wenn die Kammer zugunsten der Klägerin unterstellt, dass der Beklagte durch die Höhergruppierungen von EG 7 TV-N NW zunächst in EG 9/10 TV-N NW und weiter in EG 11/12 TV-N NW und die Zahlung der persönlichen Zulage im Rahmen der Altersteilzeitvereinbarung eine gegen § 78 Satz 2 BetrVG verstoßende Begünstigung erfahren hat, so fehlt für die geltend gemachten Schadenersatzansprüche eine substantiierte Darlegung des Verschuldens des Beklagten im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Ein solches konnte die Kammer, wie bereits ausgeführt, dem Sachvortrag der Klägerin nicht entnehmen.
56bb) Darüber hinaus scheitern Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten aufgrund der Höhergruppierungen bzw. der Zahlung der persönlichen Zulage jedenfalls an einem überwiegenden Mitverschulden der handelnden Personen auf Seiten der Klägerin an der Schadensentstehung. Auch insofern wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.
57c) Die Klägerin hat gegen den Beklagten auch keinen bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruch aus §§ 812 ff. BGB für die Zeit von Juni 2023 bis März 2024. Einem etwaigen Anspruch steht § 817 Satz 2 BGB entgegen.
58aa) Gemäß § 817 Satz 1 BGB ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet, wenn der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt war, dass er durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat. Die Kammer konnte vorliegend – erneut – dahinstehen lassen, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich ob die Höhergruppierungen des Beklagten und die Gewährung der persönlichen Zulage in Höhe von 575,00 € brutto gegen das Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG verstößt. Zur Überzeugung der Kammer steht nämlich § 817 Satz 2 BGB dem Rückforderungsanspruch der Klägerin entgegen.
59bb) Die 8. Kammer des Arbeitsgerichts Düsseldorf hat dazu in ihrem Urteil vom 24.04.2024 – Az. 8 Ca 6052/23 in dem bereits erwähnten Parallelfall folgendes ausgeführt:
„a. Gemäß § 817 Satz 2 BGB ist die Rückforderung ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot zur Last fällt. Der Verstoß muss unmittelbar gerade in der Erbringung der Leistung liegen. Der Leistende muss sich des Verstoßes bewusst gewesen sein und ihn trotzdem gewollt haben. Der Rückforderungsausschluss bezieht sich nur auf die vom Gesetz missbilligten Vorgänge. Dagegen bleiben Bereicherungsansprüche unberührt, die sich aus nicht zu beanstandenden Leistungen ergeben, selbst wenn sie demselben tatsächlichen Verhältnis entstammen. Wer sich außerhalb der Rechtsordnung stellt, soll Rechtsschutz auch nicht bezüglich der Rückabwicklung beanspruchen können (vgl. BAG, Urteil vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 –, Rn. 39, juris, mwN).
b. Nach dem Wortlaut des § 817 Abs. 2 BGB steht diese Norm dem Rückforderungsanspruch des Beklagten entgegen, allerdings ist es für den Fall der Betriebsratsbegünstigung umstritten, ob § 817 Satz 2 BGB in diesen Fällen Anwendung findet.
aa. Ein Teil des Schrifttums (vgl. Richardi BetrVG/Thüsing, 17. Aufl. 2022, BetrVG § 78 Rn. 37a und BetrVG § 37 Rn. 10; MHdB ArbR/Krois, 5. Auflage 2022, § 295 Rechtsstellung der Betriebsratsmitglieder Rn. 4, 177; ErfK/Koch, 24. Aufl. 2024, BetrVG § 37 Rn. 1; GK-Kreutz, 14. Auflage 2018, BetrVG § 78 Rn. 103; Bittmann/Mujan BB 2012, 1604, 1605 f.) und das Bundesarbeitsgericht (vgl. Urteil vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 –, Rn. 40, juris) sind der Auffassung, dass ein bereits geleisteter Betrag im Falle der Begünstigung eines Betriebsratsmitglieds zurückgefordert werden kann, da § 817 Satz 2 BGB restriktiv zu interpretieren sei, der Schutzzweck des Begünstigungsverbots verlange eine einschränkende Auslegung von § 817 Satz 2 BGB (vgl. BAG, Urteil vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 –, Rn. 40). Der Anwendung des § 817 Satz 2 BGB stehe der Zweck des Begünstigungsverbots entgegen, es sei gerade die Begünstigung, die verhindert werden solle. Das Bundesarbeitsgericht führt in seiner Entscheidung des Weiteren wie folgt aus: Bereicherungsansprüche gehören dem Billigkeitsrecht an und stehen in besonderem Maße unter den Grundsätzen von Treu und Glauben. Bei der Anwendung des den Leistenden hart treffenden Rückforderungsverbots des § 817 Satz 2 BGB kann nicht außer Betracht bleiben, welchen Zweck das infrage stehende Verbotsgesetz verfolgt. Dem Leistenden kann daher trotz § 817 Satz 2 BGB ein Bereicherungsanspruch zustehen, wenn Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes die Gewährung eines solchen Anspruchs zwingend erfordern. Ein von der Rechtsordnung nicht gebilligter Zustand darf nicht durch Ausschluss des Rückforderungsrechts legalisiert werden (vgl. BAG, Urteil vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 –, Rn. 41, juris). § 78 Satz 2 BetrVG ergänzt § 37 Abs. 1 BetrVG, wonach die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt führen. Das Ehrenamtsprinzip wahrt die innere und äußere Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder (vgl. BAG, Urteil vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 –, Rn. 42, juris, mwN). Es stärkt zudem maßgeblich das Vertrauen der vom Betriebsrat vertretenen Arbeitnehmer darauf, dass die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte durch den Betriebsrat nicht durch die Gewährung oder den Entzug materieller Vorteile für die Betriebsratsmitglieder beeinflussbar sind (vgl. BAG, Urteil vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 –, Rn. 42, juris, mwN). § 78 Satz 2 BetrVG soll nicht allein die Gewährung von Begünstigungen verhindern, sondern auch deren Entgegennahme durch das Betriebsratsmitglied und die betreffende Vermögensverschiebung unterbinden. Die Bestimmung schützt damit nicht allein die Betriebsratsmitglieder als Personen, sondern auch den Betriebsrat als Organ und dessen Funktionsfähigkeit (vgl. BAG, Urteil vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 –, Rn. 42, juris, mwN) sowie das Interesse der vertretenen Arbeitnehmer an einer durch Begünstigungen nicht beeinflussten Amtsausübung durch die sie vertretenden Betriebsratsmitglieder (vgl. BAG, Urteil vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 –, Rn. 42, juris, mwN). Es wäre deshalb mit dem Zweck der Nichtigkeitsnorm unvereinbar, wenn eine Rückforderung nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen wäre und deshalb die Vermögensverschiebung erhalten bliebe. Die Begünstigung, die nach § 78 Satz 2 BetrVG verhindert werden soll, würde durch den Kondiktionsausschluss perpetuiert (vgl. BAG, Urteil vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 –, Rn. 42, juris, mwN).
bb. Demgegenüber vertreten ein anderer Teil des Schrifttums (vgl. Düwell/Lorenz, Betriebsverfassungsgesetz, 6. Aufl. 2022, BetrVG § 78 Rn. 24; Düwell/Wolmerath, Betriebsverfassungsgesetz, 6. Aufl. 2022, BetrVG § 37 Rn. 4; Ascheid/Preis/Schmidt/ Künzl, 7. Aufl. 2024, BetrVG § 78 Rn. 19; Fitting/Trebinger/Linsenmaier/Schelz/ Schmidt, 32. Aufl. 2024, BetrVG § 37 Rn. 11 und § 78 Rn. 23; Henssler, BB 2002, 307; DKW/Wedde BetrVG § 37 Rn. 7; HK-BetrVG/Wolmerath § 37 Rn. 5) und das LAG H. (Urteil vom 17.4.2019 – 7 Sa 1065/18) die Ansicht, der Rückforderung einer zu Unrecht gewährten Vergünstigung durch den Arbeitgeber stehe § 817 Satz 2 BGB entgegen, da der Arbeitgeber ansonsten nachteilsfrei rechtswidrig begünstigen könnte. Aufgrund solcher Vereinbarungen gezahlte Entgelte seien ohne Rechtsgrund geleistet; sie können aber nicht zurückgefordert werden, weil das Verbot der unzulässigen Entgeltgewährung sich auch gegen den Arbeitgeber richte und deshalb auch der Leistende gegen Abs. 1 verstoße (vgl. Fitting/Trebinger/Linsenmaier/Schelz/ Schmidt, 32. Aufl. 2024, BetrVG § 37 Rn. 11).
Das LAG Düsseldorf führt zur Begründung seiner Ansicht wie folgt aus: Die Berufungskammer schließt sich der Auffassung des Arbeitsgerichts an, wonach dem Rückforderungsanspruch der Beklagten gemäß § 817 Satz 2 BGB entgegensteht, dass auch die Beklagte mit der Zahlung gegen das gesetzliche Begünstigungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG verstoßen hat. Zutreffend ist zwar der Hinweis der Beklagten, dass es nicht dem Sinn und Zweck des Begünstigungsverbotes entspricht, dass das Betriebsratsmitglied das verbotswidrig Erlangte behält. Ebenso wenig entspricht es jedoch dem Sinn und Zweck des Begünstigungsverbotes, dass der Arbeitgeber „gefahrlos“ begünstigen kann, weil er weiß, dass er ggf. das zu viel gezahlte Entgelt zurückerhält
(vgl. LAG H., Urteil vom 17. April 2019 – 7 Sa 1065/18 –, Rn. 168, juris).
cc. Die erkennende Kammer schließt sich der Ansicht an, nach der § 817 Satz 2 BGB der Rückforderung einer zu Unrecht gewährten Vergünstigung durch den Arbeitgeber jedenfalls in dem vorliegenden Fall, in dem sich die Klägerin auf ein Zusammenwirken des Beklagten mit seinen Vorgesetzten stützt, entgegensteht.
(1) . Soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 8. November 2017 – 5 AZR 11/17 die Ansicht vertritt, dass dem verbotswidrig Leistenden trotz des § 817 Satz 2 BGB ein Bereicherungsanspruch zustehen kann, wenn Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes die Gewährung eines solchen Anspruchs zwingend erfordern, denn ein von der Rechtsordnung nicht gebilligter Zustand nicht durch Ausschluss des Rückforderungsrechts legalisiert werden dürfe, wird dabei nach Ansicht der Kammer die Tatbeteiligung des Leistenden zu wenig berücksichtigt. Nicht nur das Betriebsratsmitglied, das eine Begünstigung annimmt, missachtet des Schutzzwecks des § 78 Satz 2 BetrVG, sondern genauso – wenn nicht noch mehr – der leistende Arbeitgeber(vertreter). Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass nach der vom Bundesarbeitsgericht vertretenen Ansicht auch das Betriebsratsmitglied, das die Begünstigung nicht einmal bemerkt hat, zur kompletten Rückzahlung der gewährten Leistung verpflichtet wäre, was unter Umständen zu einem Verlust der wirtschaftlichen Existenzgrundlage dieses Arbeitnehmers führen kann, während der vorsätzlich begünstigende Arbeitgeber(vertreter) ungeschoren davonkäme.
(2) . Auch wenn das Ehrenamtsprinzip die innere und äußere Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder wahren soll, so ist doch zu bedenken, das auch Betriebsratsmitglieder trotz des besonderen Schutzes, den das Gesetz ihnen gewährt, wirtschaftlich von dem Arbeitgeber abhängig sind, da sie die Vergütung benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Wenn dann in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts weiter ausgeführt wird, § 78 Satz 2 BetrVG solle nicht allein die Gewährung von Begünstigungen verhindern, sondern auch deren Entgegennahme durch das Betriebsratsmitglied und die betreffende Vermögensverschiebung unterbinden, die Bestimmung schütze damit nicht allein die Betriebsratsmitglieder als Personen, sondern auch den Betriebsrat als Organ und dessen Funktionsfähigkeit sowie das Interesse der vertretenen Arbeitnehmer an einer durch Begünstigungen nicht beeinflussten Amtsausübung durch die sie vertretenden Betriebsratsmitglieder, so erscheint es unbillig, die Funktion des § 78 BetrVG allein zu Lasten der Betriebsratsmitglieder zu werten und dem Arbeitgeber(vertreter) die Möglichkeit einzuräumen, „gefahrlos“ zu begünstigen (so das LAG Düsseldorf in seiner Entscheidung vom 17. April 2019 – 7 Sa 1065/18). Wenn nicht auch für den begünstigenden Arbeitgeber(vertreter) ein erkennbares Risiko droht und nur von den Betriebsratsmitgliedern „Anstand und Moral“ zum Schutze des Organs Betriebsrat und seiner Funktionsfähigkeit sowie zum Schutze des Interesses der vertretenen Arbeitnehmer verlangt wird, wird der Schutzbereich des § 78 Satz 2 BetrVG unnötig eigeschränkt.
(3) . Hinzukommt, dass in Fällen, die mit der Begünstigung von Betriebsratsmitgliedern vergleichbar sind, wie beispielsweise Korruptions- und Bestechungsfällen mit einem anderen Maß gemessen wird. Für derartige Fälle wird vertreten, dass § 817 Satz 2 BGB der Rückforderung von Leistungen zum Zwecke der Bestechung entgegen steht (vgl. MüKoBGB/Schwab, 9. Aufl. 2024, BGB § 817, Rn. 73). Das gilt für die Bestechung von Amtsträgern; hier verstößt die Leistung gegen das in § 334 StGB verankerte gesetzliche Verbot. Gleiches gilt, wenn zwar nicht der Tatbestand der Bestechung, wohl aber jener der Vorteilsgewährung (§ 333 StGB) erfüllt ist (vgl. MüKoBGB/Schwab, 9. Aufl. 2024, BGB § 817, Rn. 73). Das bedeutet, dass ein – möglicherweise gut bezahlter – korrupter oder bestochener Amtsträger, in dessen Integrität die Öffentlichkeit vertraut, das Bestechungsgeld in jedem Fall behalten darf, während ein in den Betriebsrat gewählter Arbeitnehmer durch den Fehler, eine Begünstigung anzunehmen, je nach Höhe der Begünstigungszahlung und der Höhe seines regulären Einkommens eventuell seine Existenzgrundlage verliert. Ein solches Ergebnis ist unbillig und damit unrichtig.“
60cc) Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich die erkennende Kammer vollumfänglich aus eigener Überzeugung an. Darüber hinaus war für die Kammer weiter entscheidend, dass der Zweck des § 78 Satz 2 BetrVG, das Vertrauen der Arbeitnehmerschaft in eine unbeeinflusste Amtsausführung ihrer Betriebsräte zu sichern, ohnehin nicht mehr erreicht werden kann, auch nicht durch eine Rückabwicklung von Gehältern, wenn eine Begünstigung bereits erfolgt ist und damit das Vertrauen der Arbeitnehmer sowohl in die Betriebsräte, aber auch in die Arbeitgeberseite, bereits zerstört ist. Hinzu kommt, dass auch diejenigen Vorteile, die die Arbeitgeberin durch eine Begünstigung möglicherweise erfahren hat, kaum rückabwickelbar sind. Gegen eine einschränkende Auslegung des § 817 Satz 2 BGB sprach zur Überzeugung der Kammer auch die Systematik des BetrVG. So erfasst die Strafandrohung des § 119 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nicht das Betriebsratsmitglied, sondern allein diejenigen Personen, die das Betriebsratsmitglied um seiner Tätigkeit willen begünstigen. Zutreffend ist zwar, dass sich ein Betriebsratsmitglied unter gewissen Umständen wegen Anstiftung oder Beihilfe zur eigenen Begünstigung strafbar machen kann. Dennoch zeigt die Regelungssystematik des BetrVG, dass das Augenmerk des BetrVG auf den begünstigenden Arbeitgeber bzw. dessen Vertreter gerichtet ist. Eine einschränkende Auslegung des § 817 Satz 2 BGB anhand des § 78 Satz 2 BetrVG würde dem allerdings widersprechen.
II.
61Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Klägerin hat als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III.
62Der Rechtsmittelstreitwert war gemäß § 61 Abs. 1 ArbGG im Urteil festzusetzen. Die Höhe ergibt sich aus § 46 Abs. 2 ArbGG, § 3 ZPO (Nennwert der Zahlungsanträge).
IV.
63Die Berufung wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zu der Frage der einschränkenden Auslegung des § 817 BGB gemäß § 64 Abs. 3 Nr. 1 ArbGG gesondert zugelassen.
Zitiervorschlag:
ArbG Düsseldorf Urt. v. 10.9.2024 – 4 Ca 6038/23, BeckRS 2024, 36557
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