1. Die verspätete Auskunftserteilung auf ein Verlangen nach Art. 15 I DSGVO stellt als solche keinen immateriellen Schaden dar. Ein bloßer Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO genügt nicht, um einen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 I DSGVO zu begründen.

2. Art. 82 I DSGVO enthält auch keine Vermutung dahingehend, dass der mit einem Verstoß gegen die DSGVO einhergehende Kontrollverlust über die eigenen Daten als solcher zu einem ersatzfähigen immateriellen Schaden führt.

3. Ein Antrag gemäß Art. 15 I 1 Hs 2 DSGVO auf Auskunftserteilung über "sämtliche personenbezogenen Daten" genügt regelmäßig nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 II Nr. 2 ZPO. (amtl. Leitsätze)

I. Sachverhalt

Der Kläger war bei der Beklagten als Werbetechniker angestellt. Er beendete das Anstellungsverhältnis und war anschließend bei einem Konkurrenten der Beklagten tätig. Während der Anstellung des Klägers ließ die Beklagte mit dessen Wissen und Einverständnis von diesem Bilder bei der Ausübung seiner Tätigkeiten anfertigen und ein kurzes Werbevideo produzieren, das den Kläger als Schulungsleiter zeigt. Unter Nutzung dieses Foto- und Videomaterials stellte die Beklagte ihre Leistungen auf der Firmenwebsite dar. Nach dem Ausscheiden des Klägers wurden die Aufnahmen und das Video von der Beklagten weiterverwendet. Der Kläger wandte sich mehrfach an einen Mitarbeiter der Beklagten mit der Aufforderung, das Bildmaterial zu löschen. Die Beklagte kam der Aufforderung nicht nach. Daraufhin erhob der Kläger Klage. Zweitinstanzlich war Gegenstand des Verfahrens noch die Erteilung von Auskunft nach Art. 15 DSGVO, immaterieller Schadensersatz wegen Verletzung der Auskunftspflicht und wegen der Verwendung der Video- und Fotoaufnahmen nach Beendigung des Anstellungsverhältnisses materieller Schadensersatz wegen Verletzung der Persönlichkeitsrechte.

II. Entscheidung

Nach Auffassung des LAG waren dem Kläger wegen der unautorisierten Verwendung ihn betreffenden Bildmaterials in Video- und Fotoaufnahmen nach Ende des Anstellungsverhältnisses 10.000 EUR als Schadensersatz zuzusprechen. Auch wenn der Kläger zum Zeitpunkt des Anfertigens des Bildmaterials hiermit und mit der Verwendung des Bildmaterials zu Werbezwecken einverstanden war, bedeutet dies nicht, dass dieses Einverständnis über den Zeitpunkt seines Ausscheidens hinaus fortbestand, insbesondere weil der Kläger in unmittelbarem zeitlichem Anschluss bei einem Wettbewerber in vergleichbarer Position tätig wurde. Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, sämtliches Bildmaterial des Klägers unaufgefordert spätestens mit Ausscheiden des Klägers aus ihren Werbemedien zu entfernen. Dem kam die Beklagte jedoch nicht nach, sondern beeinträchtigte in der Folgezeit das Persönlichkeitsrecht des Klägers erheblich. Daher sei die Beklagte dem Grunde nach zur Zahlung von Schadensersatz wegen Verstoßes gegen Art. 17 II 1 i. V. m. Art. 82 I DSGVO bzw. zur Zahlung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Klägers verpflichtet.

Ein immaterieller Schadensersatz, weil die Beklagte dem Auskunftsverlangen nach Art. 15 I DSGVO nicht innerhalb der Monatsfrist des Art. 12 III 1 DSGVO nachgekommen ist, stehe dem Kläger dagegen nicht zu. Der Kläger habe es versäumt, darzulegen, dass ihm aufgrund der verspäteten Auskunftserteilung ein immaterieller Schaden entstanden ist. Der bloße Verstoß gegen die Vorgaben der DSGVO genügt nicht, um einen Schadensersatzanspruch gem. Art. 82 I DSGVO zu begründen.

Soweit der Kläger einen Auskunftsanspruch geltend macht, sei dieser mangels Bestimmtheit unzulässig. Es reiche nicht, im Antrag nur den Wortlaut des Art 15 I 1 DSGVO zu wiederholen. Dies genüge dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 II Nr. 2 ZPO nicht.

Das LAG hat die Revision zugelassen.

III. Praxishinweis

Obwohl seit dem Inkrafttreten der DSGVO mittlerweile mehr als fünf Jahre vergangen sind, sind viele Fragen im Hinblick auf die Verarbeitung personenbezogener Daten noch nicht mit ausreichender Sicherheit geklärt. Die Entscheidung zeigt, dass der Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO ernst zu nehmen ist. Jede Verwendung von personenbezogenen Daten und jedes Auskunftsverlangen, sei es im Zusammenhang mit einer Beschäftigung oder darüber hinaus, sind zu jedem Zeitpunkt sorgfältig zu prüfen und zu beantworten.

 

(ArbRAktuell 2023, 522, beck-online)