Fahrtkosten des Betriebsratsmitglieds im Home-Office
Sachverhalt
Die Parteien – ein Versorgungsunternehmen mit ca. 90 Beschäftigten, der im Betrieb gebildete Betriebsrat und dessen Vorsitzender persönlich – streiten über eine Fahrtkostenerstattung an den Betriebsratsvorsitzenden. Die streitgegenständlichen Fahrtkosten sind jeweils aufgrund der Teilnahme an einer Einigungsstelle als Beisitzer entstanden. Im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie einigten sich die Betriebsparteien im März 2020 auf eine Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten. Diese legte die Rahmenbedingungen fest, unter denen die Beschäftigten ihre Arbeit außerhalb des Betriebs ausüben konnten.
Dort heißt es u. a.: „Unter Beibehaltung des Arbeitsplatzes kann jeder Arbeitnehmer, dem der Arbeitgeber die erforderlichen technischen Ausstattungen überlassen hat, freiwillig selbst entscheiden, ob er sich in mobiles Arbeiten begibt. Grundsätzlich wird somit allen Arbeitnehmern mobiles Arbeiten ermöglicht, sofern die Tätigkeit als für mobiles Arbeiten geeignet anzusehen ist und der Arbeitgeber den Arbeitnehmern dafür die technischen Ausstattungen überlassen hat.“
Der Betriebsratsvorsitzende war seit März 2020 überwiegend im Home-Office tätig. Im Mai 2021 kam es zu einer Einigungsstelle, die an drei Terminen in Präsenz tagte. Der Betriebsratsvorsitzende war Beisitzer der Einigungsstelle. Zu den drei Terminen fuhr er jeweils mit seinem PKW. Für diese drei Anfahrten begehrte er die Erstattung der Anfahrtskosten i. H. v. insgesamt 30 EUR. Das ArbG gab diesem Antrag in erster Instanz statt.
Entscheidung
Das LAG Schleswig-Holstein bestätigte diese Entscheidung und wies die Beschwerde zurück. Der Betriebsratsvorsitzende könne die Fahrtkostenerstattung verlangen, da es sich um Kosten der Einigungsstelle i. S. v. § BETRVG § 76 a BetrVG handle.
Im Ausgangspunkt schloss sich das LAG den Erwägungen des ArbG an. Bei den Fahrkosten handle es sich um Auslagen für die Teilnahme an der Einigungsstelle, deren Erstattung verlangt werden könne, und nicht um Fahrtkosten für den Arbeitsweg. Für die Abgrenzung sei maßgeblich, wo der Betriebsratsvorsitzende an den Tagen, an denen die Einigungsstelle getagt hat, ohne die Einigungsstellensitzungen gearbeitet hätte. Der Betriebsratsvorsitzende habe im ersten Halbjahr 2021 aufgrund der Betriebsvereinbarung zum mobilen Arbeiten seine Arbeitsleistung von zuhause aus erbracht. Diese Möglichkeit habe ihm offen gestanden, da die Voraussetzungen der Betriebsvereinbarungen erfüllt waren. Die Tätigkeit im Vertragsmanagement, die der Betriebsratsvorsitzende ausgeführt hat, erschien für mobiles Arbeiten geeignet. In die Beurteilung dürfen nur die bestehenden arbeitsvertraglichen Aufgaben einbezogen werden. Wenn diese nicht für mobiles Arbeiten geeignet seien, wäre die Pflicht zur Arbeit im Betrieb wiederaufgelebt. In die Beurteilung nicht einbezogen werden dürfen die Sitzungen der Einigungsstelle. Die Teilnahme an der Einigungsstelle und deren Sitzungen sei keine arbeitsvertragliche Aufgabe, sondern sei betriebsverfassungsrechtlich veranlasst. Da sich der Arbeitsplatz des Betriebsratsvorsitzenden an den Sitzungstagen der Einigungsstelle somit im Home-Office befand, seien die Fahrten zu den Sitzungen ersatzfähige Auslagen der Einigungsstelle. Ferner sei zu berücksichtigen, dass Betriebsratsmitglieder wegen der Betriebsratstätigkeit auch nicht benachteiligt werden dürften. Ohne die Fahrtkostenerstattung stünde der Betriebsratsvorsitzende aber schlechter als andere Arbeitnehmer, die nicht an den Sitzungen teilgenommen haben.
Praxishinweis
Die Entscheidung überzeugt. Richtig ist, dass zwischen arbeitsvertraglichen und betriebsverfassungsrechtlichen Pflichten abgegrenzt und eine Benachteiligung von Betriebsratsmitgliedern vermieden wird. Ein nur im Home-Office tätiges Betriebsratsmitglied kann auch Fahrtkosten für die Teilnahme an Betriebsratssitzungen beanspruchen. Der Arbeitgeber ist zur Erstattung der Kosten verpflichtet, die allein wegen der Teilnahme an Betriebsratssitzungen entstehen und die ohne die Teilnahme nicht angefallen wären